Profil:Mann der klaren Worte

Profil: Der neue israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, hat familäre Wurzeln in Berlin.

Der neue israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, hat familäre Wurzeln in Berlin.

(Foto: Wolfgang Kumm/dpa)

Rückkehr in das Land der Großeltern: Ron Prosor ist Israels neuer Botschafter in Deutschland.

Von Peter Münch

Gleich am ersten Tag hat er eine Rede gehalten, öffentlich und längst nicht irgendwo: Auf dem Berliner Bebelplatz, wo die Nazis 1933 ihre schaurige Bücherverbrennung inszeniert hatten, hat Ron Prosor zur Zukunft der deutsch-israelischen Beziehungen gesprochen - über ein Jugendwerk, mit dem die Verbindung gefestigt werden soll, über den Brückenbau zwischen den beiden Ländern.

Für das Gedeihen dieser Beziehungen wird er nun ziemlich vorneweg verantwortlich sein. In dieser Woche trat Prosor offiziell sein Amt als neuer israelischer Botschafter in Deutschland an. Ganz gewiss wird er das kraftvoll angehen, denn für ihn ist das mehr als nur ein weiterer Karriereposten. Es ist eine Herzensangelegenheit. "Mit meinem Antritt in Berlin", so sagt er, "schließt sich für mich ein persönlicher Kreis."

Für Prosor ist Berlin eine Rückkehr zu den Wurzeln. Nicht weit vom Bebelplatz hatten einst seine Großeltern gewohnt. Der Großvater Berthold Proskauer, so erzählt es der Enkel, sei ein preußischer Offizier und Patriot gewesen. Die Großmutter besaß Weitsicht, sie wusste bereits 1933 die Zeichen der Zeit zu deuten. Die jüdische Familie rettet sich rechtzeitig ins damalige britische Mandatsgebiet Palästina. Aus den Proskauers wurden dort die Prosors. "Wer hätte gedacht, dass ich, der Enkel des stolzen Preußen Berthold Proskauer, einmal als Botschafter den Staat Israel in Deutschland vertreten werde", sagte er nun auf dem Bebelplatz, und er sagte es auf Deutsch.

Ron Prosor wurde 1958 in Kfar Saba nahe Tel Aviv geboren. In der israelischen Armee brachte er es bis zum Major, nach dem Politikstudium folgte er den Fußspuren des Vaters, der selbst Botschafter gewesen war, und trat in die Dienste des Außenministeriums. Nach mehr als drei Jahrzehnten zählt er dort zu den profiliertesten und erfahrensten Diplomaten. Deutschland kennt er noch aus der Wendezeit. Zwischen 1988 und 1992 arbeitete er als Sprecher an der Botschaft in Bonn. Es folgten Spitzenposten als Israels Botschafter in London und bei den Vereinten Nationen in New York. Zuletzt leitete er das Abba-Eban-Institut für internationale Diplomatie an der Reichman-Universität in Herzliya.

Zielstrebig hat er sich den Ruf erworben, ein Diplomat der robusteren Art zu sein

Zwischenzeitlich liebäugelte er auch einmal mit einem Einstieg in die Politik. Vor der Parlamentswahl im April 2019 lagen ihm Angebote von "mindestens drei Parteien" vor, wie israelische Medien berichteten. Doch am Ende sagte Prosor ab. Zum Berlin-Angebot aber wollte und konnte er nicht Nein sagen, auch wenn er in einem Gastbeitrag für die Welt nun kokettiert: "Ich hätte es auch ruhiger am Strand von Herzliya haben können."

Ruhig allerdings will er es bestimmt nicht haben, das passt weder zu seinem Anspruch noch zu seinem Temperament. Schließlich hat er sich zielstrebig den Ruf erworben, ein Diplomat der robusteren Art zu sein. In einem Interview mit der rechten und auflagenstarken Gratiszeitung Israel Hajom sprach er im vorigen Jahr von einem "diplomatischen Krieg", der auf vielen Ebenen gegen Israel geführt werde. Jede diplomatische Vertretung des Landes, so erklärte er, sei deshalb ein "Kommandozentrum an der Front".

Seine Waffe ist das Wort, und mit welcher Präzision und Schärfe er sie einzusetzen weiß, hat er zum Beispiel als UN-Botschafter Ende 2014 in einer aufsehenerregenden Rede gezeigt. Da prangerte er die Debatten in der Vollversammlung als "Hass- und Bashingfestival gegen Israel an" und nahm dabei besonders die Nahostpolitik der Europäer aufs Korn.

Die kann er nun in Berlin aus der Nähe betrachten - und kommentieren. Leisere Töne wie bei seinem nun pensionierten Vorgänger Jeremy Issacharoff sollte man dabei eher nicht erwarten. Ron Prosor spricht Klartext, und das auf allen Kanälen. Die öffentliche Rede auf dem Bebelplatz am ersten Arbeitstag war nur der Auftakt. Von Israels neuem Botschafter in Berlin wird gewiss noch viel zu hören sein in den kommenden Jahren.

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