Europäische Union:Das ist die neue Präsidentin des Europaparlaments

Europäische Union: Gleich im ersten Wahlgang wurde Roberta Metsola zur neuen Präsidentin des Europaparlaments gewählt.

Gleich im ersten Wahlgang wurde Roberta Metsola zur neuen Präsidentin des Europaparlaments gewählt.

(Foto: AP)

An ihrem Geburtstag wählen die Abgeordneten Roberta Metsola zur Nachfolgerin des verstorbenen David Sassoli. Von der historischen Wahl geht ein wichtiges Signal aus.

Von Matthias Kolb, Brüssel

Roberta Metsola schreibt Geschichte: Die Abgeordneten des Europaparlaments haben die 43-Jährige an ihrem Geburtstag zu ihrer neuen Präsidentin gewählt. Für Metsola votierten in Straßburg 458 Delegierte bei 616 abgegebenen Stimmen. Nach 2002 steht endlich wieder eine Frau an der Spitze des Parlaments, und Metsola ist die bisher jüngste Amtsinhaberin.

Dass erstmals jemand aus dem Inselstaat Malta mit seinen 500 000 Einwohnern einen Spitzenjob erhält, ist für die EU von Bedeutung: Metsolas Wahl signalisiert, dass man eben nicht wie ihre Vorgänger Martin Schulz, Antonio Tajani und David Sassoli aus großen Ländern wie Deutschland und Italien kommen muss, um Karriere zu machen in Brüssel.

Dort kennt sich Metsola bestens aus. Denn bevor sie 2013 ins Europaparlament gewählt wurde, arbeitete die promovierte Juristin in der EU-Vertretung ihres Heimatlandes und für den Europäischen Auswärtigen Dienst. Als Aktivistin hatte sie in ihrer Zeit an der Universität dafür geworben, dass Malta 2004 der EU beitrat. Später ging sie ans Europakolleg in Brügge, eine Kaderschmiede für spätere Bewohner der Brüsseler Blase. Die Mutter von vier Kindern, die mit einem Finnen verheiratet ist, spricht neben Englisch und Französisch auch fließend Italienisch - was äußerst hilfreich ist für die Suche nach Kompromissen und das Schmieden von Netzwerken.

In beiden Disziplinen hat Metsola Talent bewiesen: 2017 sammelte sie genügend Stimmen, um die CSU-Politikerin Monika Hohlmeier als innenpolitische Sprecherin der EVP-Fraktion abzulösen. Sich mit den in der Europäischen Volkspartei übermächtigen Deutschen anzulegen, ist riskant, doch das Manöver schadete Metsolas Karriere auch langfristig nicht. Seit November 2020 war sie die erste Stellvertreterin des Anfang Januar verstorbenen Parlamentspräsidenten David Sassoli und sicherte sich die Unterstützung von Fraktionschef Manfred Weber (CSU), nachdem sich dieser dagegen entschieden hatte, Sassolis Nachfolge anzustreben.

Vielen Abgeordneten ist sie auch suspekt, wegen des Themas Abtreibung

Dass die Christdemokraten den Parlamentspräsidenten in der zweiten Hälfte der Legislatur stellen würden, war nämlich in einer für Brüssel typischen Kungelei zwischen den Parteifamilien im Juli 2019 entschieden worden. Die Sozialdemokraten durften in Person von Sassoli einen der ihren nominieren und akzeptierten dafür die Wahl der CDU-Politikerin Ursula von der Leyen sowie des Liberalen Charles Michel an die Spitzen von EU-Kommission und Europäischem Rat. Weil Metsola auch von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron unterstützt wird und dessen Liberale sowie die Sozialdemokraten keine eigenen Kandidaten aufstellen, gilt ihre Wahl als sicher.

Dass sie schon im ersten Wahlgang die nötige Mehrheit erreicht hat, ist jedoch eine Überraschung. Denn dass Metsola eine Abtreibungsgegnerin ist, macht sie nicht nur suspekt für Grüne und Linke, deren Kandidatinnen bei der Abstimmung weit abgeschlagen waren, sondern auch für viele Liberale und Sozialdemokraten. Bei ihren Treffen mit den anderen Fraktionen sprach sie das Thema von sich aus an und beteuerte, nach ihrer Wahl natürlich die Position des Europaparlaments zu vertreten. In Malta, einem der katholischsten Länder der Welt, ist Scheidung erst seit 2011 erlaubt und Abtreibung weiter verboten.

In ihren Bewerbungsreden hat Metsola angekündigt, das Europaparlament in der Öffentlichkeit präsenter machen zu wollen. "Ich will, dass wir die Blasen von Brüssel und Straßburg sprengen und für die Menschen erreichbar sind", sagt sie in einem Clip auf ihrem Twitter-Account. So sollen die Abgeordneten mehr Zeit bekommen, in ihren Wahlkreisen mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen. Gegenüber den 27 Mitgliedstaaten will sie selbstbewusst die Positionen der Abgeordneten vertreten. Es sei zu wenig, wenn bei EU-Gipfeln die Parlamentspräsidentin wie bisher nur eine Rede halten dürfe und dann den Raum verlassen müsse, findet sie.

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