Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Bock haben

In der modernen Gesellschaft kommt es vor allem darauf an, ihn im Zaum zu halten.

Von Martin Zips

Vom Klimaschutzminister Robert Habeck ist bekannt, dass er sich mit den Gedichten Hölderlins ebenso auskennt wie mit der Jugendsprache der Siebzigerjahre. Damals provozierten Jugendliche (in der SZ erstmals für das Jahr 1978 belegt) Erwachsene mit Aussagen wie: "Darauf habe ich keinen Bock", weshalb sie als "Null-Bock-Generation" gebrandmarkt wurden. Im ZDF teilte Habeck, 52, nun mit, er nehme sich für seine Amtszeit "Großes vor", da er "keinen Bock" habe, in "einer Regierung Minister zu sein", die nichts wage. Zur Herkunft der Redewendung existiert die Theorie, dass "Bokh" dem Rotwelsch entlehnt sei und "Hunger" bedeute. Es könnte aber auch sein, dass mit ihr auf den Ziegenbock als Folterinstrument angespielt wird. Tatsächlich dürfte es vor allem der Bock als Fruchtbarkeitssymbol sein (siehe der altägyptische "Bock von Mendes"), welcher das Tier vor sehr langer Zeit zum Synonym für "Lust" machte. Als solches bleibt der Bock ambivalent, da der Mensch einerseits ständig fürchten muss, von ihm übermannt zu werden (und damit andere - wie es der bockfüßige Hirtengott Pan tat - in "panische Schrecken" zu versetzen). Andererseits verströmt der Bock eine dionysische Energie, die es zum Wohle aller zu nutzen gilt. Die moderne Gesellschaft wiederum fordert von ihren Mitgliedern heute oft vor allem eines: dass alle ihren Bock im Zaum zu halten haben.

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