Profil:Einfälle zuhauf

Profil: Valentin Schwarz führt erstmals beim "RIng" in Bayreuth Regie. Viel wird noch nicht verraten, nur, dass er zahlreiche Einfälle hat.

Valentin Schwarz führt erstmals beim "RIng" in Bayreuth Regie. Viel wird noch nicht verraten, nur, dass er zahlreiche Einfälle hat.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Valentin Schwarz, furchtloser junger Österreicher, inszeniert den neuen "Ring des Nibelungen" bei den Bayreuther Festspielen.

Von Egbert Tholl

Einer Sache kann man sich sicher sein: Langweilig wird der neue "Ring" in Bayreuth nicht. Regie wird dort Valentin Schwarz führen, geboren 1989 in Österreich. Den vorerst letzten Hinweis darauf, was einen nun von Sonntag an erwarten könnte, gab Schwarz im April an der Oper Köln. Dort inszenierte er York Höllers Oper "Der Meister und Margarita", war dabei zusammen mit seinem Kostümbildner Andy Besuch und seinem Bühnenbildner Andrea Cozzi um keinen Einfall verlegen, versammelte eine irre Kunst- und Comic-Welt auf der Bühne und bewies dann doch in einem langen Moment ungeheuren Respekt vor der Musik: In dem Stück gibt es einen Satansball, bei dem die Musik zehn Minuten lang völlig durchdreht. Ohne Gesang. Und was machte Schwarz? Nichts. Er ließ die Musik toben und 600 Glühbirnen kontinuierlich heller werden. Das war's, und es war großartig.

Vor drei Jahren überraschte Katharina Wagner, als sie Valentin Schwarz, damals zarte 30 Jahre alt, als Regisseur des neuen "Rings" bei den Bayreuther Festspielen vorstellte. Dieser war für 2020 geplant, kommt aber wegen Corona erst dieses Jahr heraus. Wagner hatte zunächst vorgehabt, jeden Teil von Wagners Tetralogie einer anderen Regisseurin zu überantworten - toller Plan, so was Ähnliches hatte die Stuttgarter Oper einst gemacht und macht es nun wieder, aber da gab und gibt es nur einen "Ring"-Teil pro Saison. Und nicht alle innerhalb von sechs Tagen. Zunächst blieb vom Frauen-Quartett Tatjana Gürbaca übrig, aber das zerschlug sich, weil man sich über die Probenzeiten nicht einigen konnte, und dann kam Valentin Schwarz.

Um Einfälle ist der junge Regisseur selten verlegen

Als er designiert wurde, kannte man von ihm in Deutschland vor allem seine interessante Inszenierung von Mauricio Kagels "Mare Nostrum" in Köln, sonst nicht viel mehr. Doch wie Tobias Kratzer, der in jenem Jahr mit seinem "Tannhäuser" in Bayreuth Furore machte (und damals auch noch 39 Jahre jung war), hatte er zusammen mit Cozzi den "Ring-Award" in Graz gewonnen (2017), den wohl wichtigsten Wettbewerb für junge Musiktheater-Regie und Bühnengestaltung. Da wurde Katharina Wagner auf ihn aufmerksam; Schwarz war zu diesem Zeitpunkt Regieassistent an der Stuttgarter Oper gewesen, und die Vorsitzende der Wettbewerbsjury sprach von einer "Wunderkammer", die Schwarz und Cozzi für Donizettis "Don Pasquale " geschaffen hätten.

Ähnliches darf man nun für den "Ring" erwarten. Traditionell stellt in Bayreuth das Regieteam sein Konzept auch dem Orchester vor. In der Pause der "Tristan"-Premiere erzählte ein Orchestermitglied, man habe viel gelacht, als Schwarz dies tat, es gebe Einfälle zuhauf, aber mehr dürfe man nicht verraten, das sei in Bayreuth streng verboten. Das Erste, was die Öffentlichkeit von Schwarz' Inszenierungsidee erfuhr, bereits vor einem halben Jahr, war: Er wolle eine Geschichte von heutigen Menschen, heutigen Figuren, heutigen Problemen erzählen und keine von Göttern, Zwergen, Riesen und Drachen. Ein Label schuf Schwarz damals selbst: der "Ring" als Netflix-Serie.

Nun war mit Drachen und Zwergen beim Vorgänger-"Ring" von Frank Castorf auch nicht viel los gewesen, eher viel mit Kapitalismus und der dazu passenden Kritik. Eines musste Valentin Schwarz dann schnell erfahren: Geht es um Bayreuth, wird man gern missverstanden, weil hier alles grundsätzlich ungeheuer weltbedeutend ist. Also konkreter: Mit Netflix-Serie meinte Schwarz einfach, dass der "Ring", womit er natürlich völlig recht hat, eine Familiensaga sei und dass 15 Stunden reines Bühnengeschehen eine intensive Seherfahrung seien, Suchtpotenzial inklusive. Das mit Netflix solle man keineswegs ästhetisch verstehen.

Bezüglich der zahlreichen coronabedingten Umbesetzungen dieses Jahr gibt Schwarz sich ganz pragmatisch. Damit umzugehen, habe er in seiner Assistentenzeit gelernt. So ist Oper halt auch, das weiß er schon lange: Seine Eltern waren Musiker, er hat früh Geige gelernt und mit neun Jahren den "Fliegenden Holländer" gesehen. Das prägt.

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