Wiedergeboren zu werden, das klingt, je nach Perspektive, vielversprechend oder nach einer Drohung. In der Geschichte Europas waren damit hehre Hoffnungen verbunden. In der frühen Neuzeit sehnten sich Dichterinnen und Künstler nach der Wissenslust, dem Wirklichkeitssinn und der Schönheit der Antike, sie lasen alte Manuskripte, legten Ruinen frei, restaurierten halb zerstörte Skulpturen. Erst kursierte in Italien der Begriff rinascita, Wiedergeburt, dann wurde im mittleren 16. Jahrhundert daraus rinascimento, was suggeriert, dass es sich um eine Strömung handelt. Diesen Begriff prägte der italienische Kunstschriftsteller und Maler Giorgio Vasari maßgeblich, und er verband damit eine Abgrenzung vom Mittelalter. Längst haben Mittelalterforscher belegt, dass auch schon vor dem Dichter Petrarca (gestorben 1374) und dem Maler Giotto (gestorben 1337) etliche Menschen sich als wissensdurstige und ausdrucksstarke Individuen begriffen. Der Karriere des Begriffs Renaissance, so die französische Übersetzung, tat das keinen Abbruch, spätestens im 19. Jahrhundert hat er sich endgültig als Epochenbezeichnung für das 14. bis 16. Jahrhundert durchgesetzt. Wenn Macron nun seine Partei "Renaissance" nennt, gibt er sich zukunftssicher und europäisch, suggeriert aber auch, alle anderen lebten im angeblich dunklen Mittelalter.
Aktuelles Lexikon:Renaissance
Bezeichnung für eine Epoche des Aufbruchs - und manchmal auch des Hochmuts.
Von Kia Vahland
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