Bürgerrechte:Wenn queere Menschen ausgeliefert werden

Bürgerrechte: Beim Christopher Street Day in Münster ist Anfang September ein junger Mann so heftig attackiert worden, dass er an den Folgen des Angriffes starb. Viele Menschen zeigten sich danach solidarisch mit Queeren.

Beim Christopher Street Day in Münster ist Anfang September ein junger Mann so heftig attackiert worden, dass er an den Folgen des Angriffes starb. Viele Menschen zeigten sich danach solidarisch mit Queeren.

(Foto: Ying Tang/IMAGO/NurPhoto)

Nicht nur in Osteuropa müssen queere Menschen um ihr Leben fürchten - Hass und auch Gewalt gibt es überall. Wo bleibt eigentlich der Aufschrei der Demokratien?

Kolumne von Carolin Emcke

"Die Wut entlädt sich auf den, der auffällt ohne Schutz", schrieben Max Horkheimer und Theodor W. Adorno in der "Dialektik der Aufklärung" im Jahr 1947. Das ist auch heute noch so bitter wie wahr. Hass und Ressentiment entladen sich nicht zufällig in Gewalt. Hass und Ressentiment suchen sich ihre Opfer opportunistischer, als sie behaupten, sie agieren bequemer, feiger auch. Die Gewalt entlädt sich dort, wo sie sich Zustimmung, nicht Widerspruch erhofft, wo sie weniger Strafe oder Ablehnung fürchten muss, sondern auf Ruhm und Anerkennung für die eigene Tat hoffen darf. Die Wut entlädt sich auf die, die ohnehin alleinstehen, weil keine Gemeinschaft da ist, die sie als gleich, als zugehörig, als unantastbar verteidigt. Die Schutzlosigkeit geht demnach der Verletzung voraus, ja, sie ermöglicht sie vielleicht erst.

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Kolumne von Carolin Emcke

Carolin Emcke, Jahrgang 1967, ist Autorin und Publizistin. Im Jahr 2016 wurde sie mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Alle Kolumnen von ihr lesen Sie hier.

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