Profil:Jürgen Seefried

Profil: Steinmetz Jürgen Seefried aus Garmisch-Partenkirchen muss vor dem G-7-Gipfel aus Sicherheitsgründen die Steine von seinem Hof räumen.

Steinmetz Jürgen Seefried aus Garmisch-Partenkirchen muss vor dem G-7-Gipfel aus Sicherheitsgründen die Steine von seinem Hof räumen.

(Foto: Matthias Köpf/Matthias Köpf)

Steinmetz aus Partenkirchen, der wegen des G-7-Gipfels sein Material wegräumt.

Von Matthias Köpf

Jürgen Seefried schaut in diesen Tagen öfter auf die Wetterapp als sonst. Denn wenn das Wetter am Sonntagvormittag oder am Dienstagmittag zu schlecht für Hubschrauberflüge ist, dann müssen all die Staats- und Regierungschefs direkt an seinem Betrieb vorbei. Die Polizei wird dann die "Protokollstrecke" vom Münchner Flughafen bis zum Schloss Elmau für mindestens vier Stunden sperren, damit die hochrangigen Teilnehmer des G-7-Gipfels in ihren Fahrzeugkolonnen ungestört zum Tagungsort und wieder zurück fahren können. "Letztes Mal sind sie obendrüber geflogen", sagt Seefried über den ersten Elmauer G-7-Gipfel vor sieben Jahren. Nur ein einziger Staatsgast habe damals den Landweg genommen, und deswegen sei dann in jeder Einfahrt und auf jeder Kreuzung mindestens ein Polizist gestanden. Aber damals hat Seefried ja "von Haus aus weniger Steine auf dem Hof gehabt".

Steine sieht die Polizei gar nicht gern beim großen Hin und Her zum Gipfel im Gebirge. Doch Jürgen Seefried ist nun mal Steinmetz, sein Betrieb liegt neben dem Partenkirchner Friedhof und damit direkt an der Protokollstrecke. Zwar betont die Polizei ständig, sie habe auch da Alternativen, doch Seefried fragt sich, welchen anderen Weg die Kolonnen wohl nehmen sollten als die B2, die hier Münchner Straße heißt. Also müssen Seefrieds Steine vom Hof. Nicht die großen Grabsteine vielleicht, denn die wird kaum jemand auf Polizisten oder Staatskarossen werfen und wohl selbst zu zweit nicht auf die Straße schleppen können, um diese zu blockieren.

Aber dieser kleinere, nur vorne polierte Granitrohling? Der 53-Jährige überschlägt im Kopf die Maße. Seine 120 Kilo werde der schon haben, aber trotzdem: lieber in die Werkstatt damit. Was genau er wegschaffen muss, das bleibt Seefried selbst überlassen. "Den Schuh zieht sich die Polizei nicht an." Schuld wird er im Zweifelsfall also selber sein, aber den möglichen Schaden am Stein würde ihm dann wohl die Versicherung ersetzen, welche die Bundesregierung für solche Fälle abgeschlossen hat.

Trotz Belagerungszustand ist der Steinmetz auch ein bisschen stolz auf das Gipfeltreffen

Die geschätzten 20 Arbeitsstunden, die er und seine vier Leute brauchen werden, um die Steine wegzuräumen und die schmiedeeisernen Kreuze von den Gebrauchtgrabmalen abzumontieren, wird ihm wohl niemand bezahlen. Seefried hat aber auch nicht danach gefragt, als die Polizei vor ein paar Wochen bei ihm war. Denn bei allem Wandel in der Bestattungskultur und dem anhaltenden Trend zum sparsamen Urnengrab: Hier in Garmisch-Partenkirchen sei seine Arbeit schon noch gefragt. Zumal der Kollege in Garmisch aufgehört hat.

Die Garmischer haben ihren eigenen Friedhof, so wie es fast alles zweimal gibt in der doppelten, vor den Olympischen Winterspielen 1936 zwangsvereinigten Marktgemeinde. Zwischen dem Friedhof in Garmisch und dem in Partenkirchen liegen eineinhalb Kilometer Luftlinie - und jene Wiese, auf der auch während dieses Gipfels Hunderte Kritiker campieren wollen. Als 2015 mal Bewegung ins Protestcamp kam, da hätten hinter seinem Haus schwer bewaffnete Polizisten Position bezogen, denen man so lieber nicht gegenüberstehen wolle, sagt Jürgen Seefried.

Auch dieses Mal herrscht hier längst eine Art Belagerungszustand, Tausende Polizisten fahren unentwegt herum und führen dabei vor, was die Polizeigaragen an Fuhrpark noch so alles hergeben. Vor allem aber belegen sie praktisch jeden Parkplatz in einem sehr weiten Umkreis, was den Menschen in der Region doch deutlich auf die Nerven geht. Jürgen Seefried stammt zwar weder aus Garmisch noch aus Partenkirchen, sondern ist vor 25 Jahren vom Bodensee hierhergekommen. Wenn er sagt, er wäre "nicht böse gewesen, die wären woanders hingegangen", darf er trotzdem als Einheimischer gelten. Denn ein bisschen stolz ist er ja auch darauf, dass der Gipfel nun zum zweiten Mal hier stattfindet. Er selbst habe jedenfalls "ein gewisses Verständnis, dass die Demokratie so was aushalten muss".

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