Süddeutsche Zeitung

Fernsehen:Das muss verhindert werden

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Das skandalöse Lawrow-Interview auf einem Berlusconi-Sender zeigt: Es wäre medienpolitisch abwegig, wenn die Italiener Pro Sieben Sat 1 übernehmen würden.

Kommentar von Caspar Busse

Die Ansage des italienischen Ministerpräsidenten war deutlich. "Man sprach zwar von einem Interview, aber in Wahrheit war das eine Wahlkundgebung", sagte Mario Draghi zu dem skandalösen Interview mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow auf dem Sender Rete 4, der zum TV-Unternehmen des ehemaligen Regierungschefs Silvio Berlusconi gehört. Lawrow durfte unwidersprochen die russische Kriegspropaganda und abstruse Nazi-Vergleiche ausbreiten. Mit Journalismus hatte das wenig zu tun.

Medienpolitiker in Deutschland sollten sich das genau anschauen. Denn ausgerechnet die Berlusconi-Firma Media for Europe (die früher Mediaset hieß) arbeitet gerade an einer Übernahme von Pro Sieben Sat 1. Gut 25 Prozent der Anteile haben die Italiener schon, zusammen mit den Deutschen soll ein europäisches Fernsehunternehmen gegründet werden.

Der Fall Lawrow zeigt: Es wäre gefährlich und schlecht für das deutsche Privatfernsehen und den Medienstandort insgesamt, wenn ein populistischer und russlandfreundlicher Unternehmer wie Berlusconi hier Fuß fassen würde. Das muss verhindert werden.

Auch wirtschaftlich wäre eine solche Übernahme fragwürdig

Pro Sieben Sat 1 ist mit seinem Angebot wie "Germany's Next Top-Model" und "Joko & Klaas" zwar eher auf Unterhaltung, besonders für Jüngere, abonniert. Die Reichweite ist aber groß, und Konzernchef Rainer Beaujean baut derzeit den Bereich Nachrichten und Dokumentationen aus. Neben den öffentlich-rechtlichen Sendern und der RTL-Gruppe ist Pro Sieben Sat 1 der dritte große TV-Anbieter. Er muss unabhängig bleiben, auch vor dem Hintergrund, dass Deutschland nach der Analyse von "Reporter ohne Grenzen" gerade in einem Ranking zur Pressefreiheit leicht abgerutscht ist.

Dazu kommt: Wirtschaftlich ist die Übernahme fragwürdig. Pro-Sieben-Sat-1-Chef Beaujean weist zu Recht darauf hin, dass die europäischen Fernsehmärkte noch immer so unterschiedlich sind, dass ein Zusammengehen ohnehin keine großen finanziellen Vorteile bringen würde.

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