Europäische Union:Kein Rechtsstaat, kein Geld

Polnisches Verfassungsgericht in Warschau

Sicherheitspersonal steht am Tor des polnischen Verfassungsgerichts in Warschau. (Archivbild)

(Foto: Pawel Supernak/dpa)

Polen steuert auf die nächste Konfrontation mit der EU zu. Es wird Zeit, dass die Kommission endlich ihren neuen Schutzmechanismus nutzt und Zuschüsse für Warschau und Budapest kappt.

Von Björn Finke

Nach dem vorsichtigen Einlenken droht direkt die nächste Eskalation: An diesem Dienstag wird Polens Verfassungsgericht wohl sein Urteil sprechen, ob polnisches Recht über EU-Recht steht. Die Regierung in Warschau sieht das so, obwohl solch eine Auffassung die Funktionsfähigkeit der EU gefährdet. Dabei ruderte Warschau noch Anfang des Monats bei einem ähnlichen Streit zurück, ein wenig zumindest. Die von der EU beanstandete Disziplinarkammer für Richter werde ersetzt, hieß es da.

Egal, wie das Urteil am Dienstag ausfällt: Der Disput über Rechtsstaatlichkeit wird weitergehen. Die autoritären Regierungen in Polen und in Ungarn wollen Gegenspieler mundtot machen, und dazu zählen neben unbequemen Medien und Organisationen eben auch unabhängige Richter. Damit geraten die Regierungen zwangsläufig in Konflikt mit EU-Recht. Kein Wunder also, dass Polens Premier Mateusz Morawiecki jetzt den Vorrang von polnischem Recht festschreiben will.

Für die EU ist das ein Affront: Die Union ist eine Rechtsgemeinschaft; sie ist darauf angewiesen, dass sich ihre Mitglieder an die gemeinsamen Regeln halten - und dass unabhängige nationale Gerichte wirklich Recht sprechen, anstatt zum Sprachrohr der Regierungen zu werden. Gegen Polen und Ungarn laufen daher bereits besondere EU-Verfahren in der Sorge um die Rechtsstaatlichkeit sowie diverse Vertragsverletzungsverfahren. Doch leider dauert es zu lange, bis Vertragsverletzungsverfahren zu Strafen führen.

Zum Glück hat die Kommission nun eine neue Waffe an der Hand: Dieser Mechanismus erlaubt es, EU-Gelder zu kappen, wenn Rechtsstaatsdefizite die ordentliche Verwendung gefährden. Das würde die Autokraten in Budapest und Warschau schneller und dort treffen, wo es am meisten wehtut. Die Kommission zögert allerdings mit der Eröffnung der ersten Verfahren. Das EU-Parlament macht jetzt Druck - völlig zu Recht und hoffentlich mit Erfolg.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: