Pistorius-Strafverteidiger Barry Roux:Vom Pudel zum Rottweiler

Oscar Pistorius Is Tried For The Murder Of His Girlfriend Reeva Steenkamp

Verteidiger Barry Roux bei seinem Schlussplädoyer im Pistorius-Prozess vor Gericht in Pretoria, Südafrika.

(Foto: Getty Images)

"Das ist, als wenn man zuschaut, wie jemand auf ein Seehund-Baby einknüppelt", twittert ein Prozessbeobachter über Barry Roux. Der Strafverteidiger von Oscar Pistorius verfolgt eine zweifelhafte Taktik. Nicht umsonst nennt man ihn den "Rottweiler".

Von Tobias Zick

Er hatte es mit einem Pitbull zu tun - so der Spitzname seines Hauptgegners, des Chefanklägers Gerrie Nel. Dafür hat er sich erwartungsgemäß souverän geschlagen: Barry Roux, Verteidiger des beinamputierten südafrikanischen Sportlers Oscar Pistorius, der in der Nacht zum Valentinstag 2013 seine Freundin durch die geschlossene Badezimmertür erschossen hat. Aber schließlich nennt man Roux, einen der prominentesten Anwälte Südafrikas, ja nicht umsonst den "Rottweiler".

Dieser Kampf der juristischen Kampfhunde gipfelte am Freitag im Schlussplädoyer Roux', in dem er die Darstellung des Anklägers vom Vortag zerpflückte und ihm mit grollender Stimme vorwarf, all jene Indizien ignoriert zu haben, die dem Vorwurf des Mordes widersprächen. Sein Klient Pistorius sei kein kaltblütiger Mörder, sondern ein Mensch, der seit frühester Kindheit tief geprägt sei von seiner Behinderung, von der "ständigen Gewissheit, ich habe keine Beine, ich kann nicht wegrennen, ich bin anders". Die Schüsse durch die Badezimmertür habe Pistorius "fahrlässig" abgefeuert, sei insofern auch allenfalls der fahrlässigen Tötung schuldig.

Sein Klient hat es ihm im Laufe des Prozesses nicht immer leicht gemacht; mehrmals verstrickte er sich in Widersprüche - doch Barry Roux ist bekannt als Mann für schwierige Fälle, auch zweifelhafter Art. In den 1990er-Jahren etwa vertrat er den Apartheid-Polizeichef Lothar Neethling, der Medien verklagt hatte, weil die ihm vorwarfen, er habe während seiner Amtszeit Regimegegner vergiften lassen. Einem Minen-Unternehmer und dem Chef eines Fußballklubs stand er in Verfahren wegen Steuerbetrugs bei.

Binnen Sekunden vom Pudel zum Rottweiler

Seinen Spitznamen verdankt Roux einer südafrikanischen Journalistin, die einmal seine Taktik beim Verhör von Zeugen der gegnerischen Seite unter die Lupe genommen hatte. Zunächst blättere er ausgiebig in seinen Unterlagen, gebe sich abwesend und zerstreut - und springe dann plötzlich mit beißenden Fragen aus der Deckung. Diese wiederholt er mitunter so lange, bis der Zeuge in Tränen ausbricht. Roux habe also die Fähigkeit, sich "binnen Sekunden vom Pudel in einen Rottweiler zu verwandeln".

Das stellte er auch zu Beginn des Pistorius-Prozesses unter Beweis, als er Chefermittler Hilton Botha dazu brachte einzugestehen, wichtige Indizien am Tatort außer Acht gelassen zu haben. "Das ist", twitterte ein Prozessbeobachter, "als wenn man zuschaut, wie jemand auf ein Seehund-Baby einknüppelt."

Kein Gerichtsprozess hat in der jüngeren Geschichte Südafrikas so viel Aufsehen erregt wie der Fall des Oscar Pistorius. Ob Richterin Thokozile Masipa den gefallenen Sportstar am 11. September tatsächlich vom Vorwurf des Mordes freisprechen wird, das halten Beobachter für sehr zweifelhaft. Sicher ist jedenfalls: Die Todesschüsse im Hause Pistorius waren nicht nur für den Sportstar selbst, sondern auch für seinen Anwalt ein Wendepunkt in seiner Karriere.

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