Aktuelles Lexikon:Parteibuch

Ein Büchlein, das kaum gebraucht wird - aber jetzt in Kabul zur Flucht verholfen hat.

Von Sara Maria Behbehani

Es war ein rotes Büchlein, das einem Deutschen und seiner Verlobten in Kabul an einer Kontrolle der Taliban das Leben rettete: Er zückte sein SPD-Parteibuch, gab sich damit als Diplomat aus und wurde tatsächlich zum Flughafen durchgelassen. Nur, was ist eigentlich so ein Parteibuch? Zunächst bescheinigt es in der SPD die Mitgliedschaft, es enthält persönliche Daten und die Mitgliedsnummer. Die folgenden Seiten dienen dazu, die jährliche Mitgliedsmarke einzukleben. Das Parteibuch wurde in der SPD bereits 1907 eingeführt. Ende der Fünfziger- bis in die Siebzigerjahre war es blau. Bei den Sozialdemokraten hat es auch einen symbolischen Wert: So behielten es einige im Nationalsozialismus unter größter Gefahr als Ausdruck ihrer sozialdemokratischen Identität, wohingegen NSDAP-Mitglieder das ihrige stolz präsentierten. Im Juni dieses Jahres rief Olaf Scholz mit der Aktion #RoteKarteGegenRechts die SPD-Mitglieder dazu auf, ein Zeichen gegen die AfD zu setzen: mit Selfies, auf denen sie ihr Parteibuch zeigen. FDP, CDU und Die Linke haben dagegen nur eine Mitgliedskarte, bei den Grünen muss man einen solchen Mitgliedsausweis, wegen Umweltschutz, sogar eigens beantragen. "Sein Parteibuch zurückgeben" ist eine Redewendung, die trotzdem auch für all diese Parteien verwendet wird, wenn jemand austritt.

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