Süddeutsche Zeitung

Vatikan:Und das soll ein Dienst sein?

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Der Papst lehnt auch den Rücktritt des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße ab. Das ist eine misstrauensbildende Maßnahme.

Von Oliver Meiler

Vertrauen ist ein zerbrechliches Gut, und ob es zerbricht, ist oft auch eine Frage der Transparenz. Dem Vertrauen der Katholiken in ihre Kirche hat in jüngerer Vergangenheit nichts mehr geschadet als die sexuellen Missbrauchsfälle - begangen von Klerikern, vertuscht von Klerikern, gedeckt von Klerikern. Und wenn der Vatikan auch inbrünstig verspricht, er werde diese Schande ganz und gar aufarbeiten und nichts mehr dulden, kommt regelmäßig der Verdacht auf, dass er es vielleicht gar nicht so ernst meint damit.

Jetzt ist es wieder so, da der Papst das Rücktrittsgesuch des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße zurückgewiesen hat. Heße habe "in Demut" seine Fehler anerkannt, heißt es in einer Note, der Heilige Vater bitte ihn deshalb, "im Geist der Versöhnung und des Dienstes an Gott", sein Amt fortzusetzen. Für die Opfer muss sich die Formel wie ein Hohn anhören.

Heße war von seiner Zeit als Generalvikar und Personalchef im Erzbistum Köln bis 2015 eingeholt worden. Man darf sich jetzt fragen, ob er seine eigenen Fehler nicht besser einschätzen kann als die Gutachter, die der Vatikan entsandt hatte. Wenn Heße im März fand, er trete besser sofort zurück, um so noch mehr Schaden von der Kirche und seiner Diözese abzuwenden, sollte das eigentlich reichen - gerade bei dem Thema. Als störend empfanden viele Gläubige auch, dass der Papst sich so viel Zeit für seine Entscheidung gelassen hat. Doch das ist eher die Regel: Die Kirche, diese zwei Jahrtausende alte Institution, hielt sich noch nie sonderlich auf mit dem Zeitempfinden der Moderne.

Allerdings geht es auch schneller. Vor einigen Monaten wies der Papst bereits den Rücktritt des Münchner Erzbischofs Reinhard Marx zurück - sehr prompt, zur Überraschung aller. Damals hieß es, Franziskus mische sich wohl mit Macht in den Richtungsstreit der deutschen Ortskirche ein. Diesmal ist die Deutung etwas schwieriger. Dem Vertrauen in die Kirche ist der Entscheid aber nicht förderlich.

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