Damit hatte er nicht gerechnet. Auf einer Anklagebank zu sitzen, wegen eines quengelnden Kindes, noch dazu der Tochter seiner jesidischen Haussklavin, einer "Ungläubigen". Ein Kind, nicht viel wert, das er in der sengenden Sonne von Falludscha angebunden hatte - bis es starb. Der Iraker Taha al J. hatte sich offenbar nicht vorstellen können, dass er deswegen belangt werden könnte. Nur so kann man sich erklären, dass dieser Mann versuchte, nach Europa zu kommen, nur so, mit welch guter Laune er auf der Anklagebank saß. Er schien sich sicher zu sein, dass ihm niemand etwas anhaben kann.
Er hat sich getäuscht. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat ihn nun zu lebenslanger Haft verurteilt. Und seine Frau, die bei der Tat zugesehen hatte, ohne zu helfen, hat das OLG München bereits für zehn Jahre ins Gefängnis geschickt. Es sind weltweit die ersten Urteile gegen Anhänger des sogenannten Islamischen Staates wegen der Versklavung der Jesiden.
Die universellen Werte werden wieder zurechtgerückt
Die Gerichte rücken damit auch die universellen Werte wieder zurecht, die das Terrorsystem des IS für Jahre außer Kraft gesetzt hatte: Sklaverei ist ein Verbrechen, Menschen sind kein Freiwild, nur weil sie einen anderen Glauben haben. Und es ist eben kein Unfall, wenn man ein Kind bei 45 Grad in der Sonne anbindet, sondern ein Verbrechen.
Taha al J. und seine Frau dachten, sie kämen davon. Sie haben nicht mit dem Eifer der Ermittler gerechnet und schon gar nicht mit dem Weltrechtsprinzip. Das besagt: Die deutsche Justiz kann Taten ahnden, selbst wenn sie im letzten Winkel der Welt verübt wurden, zum Beispiel an einem kleinen Mädchen in Falludscha. Sie kann Folterknechte aus Syrien und Kriegstreiber aus Ruanda vor Gericht stellen. In diesem Fall kam noch etwas hinzu: Die Mutter des getöteten Kindes hat wie durch ein Wunder den IS-Terror überlebt. Sie hat vor Gericht Zeugnis abgelegt. Es war das Letzte, was sie für ihr Kind tun konnte.