Nordkorea:Nuklear enthemmt

Nordkorea: Diktator Kim Jong auf eine Videoleinwand

Nordkoreas Diktator Kim Jong-un ist wieder da mit neuen Drohungen - hier auf einer Videoleinwand in Tokio.

(Foto: Richard A. Brooks/AFP)

Das Kim-Regime testet eine ballistische Rakete, die das US-Territorium Guam erreichen kann. Zugleich erodiert das Tabu, Atomwaffen einzusetzen. Da braut sich was zusammen.

Kommentar von Stefan Kornelius

Wenn sich die USA mit Blick auf die Ukraine und Russland Zurückhaltung auferlegen, dann vielleicht, weil sie auch noch den unfriedlichen Rest der Welt im Auge behalten. Im pazifischen Krisentheater köchelt nicht nur die Auseinandersetzung um Taiwan. Akut ist es Nordkorea, das mit Raketentests Aufmerksamkeit erzwingt. Das Kim-Regime schafft eine Krise, um aus seiner ökonomisch desaströsen Lage auszubrechen und gegenüber Südkorea Erpressungspotenzial anzuhäufen. Kim Jong-un ist wieder da.

Der Test mit einer Langstreckenrakete zeugt von der Ruchlosigkeit des Regimes, das mit seiner wilden Ballerei Unfälle und Eskalationen billigend in Kauf nimmt. Mit ihrer Reichweite von 4500 Kilometern transportiert die Rakete auch die Botschaft, dass der amerikanische Außenposten Guam nun zum Zielgebiet gehört. Und weil sich Nordkorea vor wenigen Wochen selbst zur Nuklearmacht erklärt hat, muss damit gerechnet werden, dass der Flugkörper in der Lage ist, einen atomaren Sprengkopf zu tragen. Nordkorea kommuniziert, dass es auch "präventiv", also nicht nur als Reaktion auf einen Angriff, Nuklearwaffen einsetzen werde. Das ist gegenüber dem Süden eine echte Drohung, mit der sich erpresserisch arbeiten lässt. Ziel des Kim-Regimes könnte nicht nur sein, die UN-Sanktionen loszuwerden, sondern eine Verteidigung Südkoreas unmöglich zu machen.

Wie schon 2017 könnte Nordkorea seine Raketenserie mit einem echten Atomwaffentest krönen. All das ergibt eine giftige Mischung, die zum Zeitgeist passt. Das nukleare Tabu bröckelt und bröckelt, die gedankliche Hemmschwelle für einen Einsatz sinkt gefährlich tief. Kim Jong-un zeigt ungeniert, wie sehr er sich inspirieren lässt vom enthemmten nördlichen Nachbarn Russland. Und weil das mächtige China selbst nach dem Parteikongress wenig Interesse zeigen wird an Transparenz, Entspannung oder gar Abrüstung, ist mit Mäßigung nicht zu rechnen.

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