Süddeutsche Zeitung

Nordkorea:Zu Hause in Sicherheit

Nordkorea sagt seine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokio ab. Die Angst vor dem Virus ist übermächtig. Das Regime in Pjöngjang fürchtet den inneren Kollaps.

Von Stefan Kornelius

Schon immer war es vor allem ein Politikum, ob Nordkorea an Olympischen Spielen teilnimmt oder nicht. Wenn es so etwas wie Sportpolitik gibt, dann im Umgang mit dem Eremitenreich unter der Diktatur der Kims. 2018 erlebte die Welt einen seltenen Entspannungsmoment, als die Winterspiele in Pyeongchang zu einem Umarmungswettbewerb zwischen Nord und Süd gerieten. Freilich war damals Donald Trump Präsident der USA, der glaubte, einen Freund in Pjöngjang gefunden zu haben.

Inzwischen ist klar, dass auch Kim Jong-un Freundschaften aus taktischen Motiven pflegt. Nach Trump schießt er wieder Raketen aufs offene Meer, was auch Olympia-Gastgeber Japan an die tief sitzende Feindseligkeit in der Nachbarschaft erinnert.

Allerdings dürfte Nordkoreas Absage mehr auf Angst als auf Aggression gegründet sein. Kim lässt stets wissen, dass er sein Land durch rigorose Abschottung vor dem Coronavirus schützt. Das mag stimmen, denn eine Epidemie könnte tatsächlich in dem durch und durch geschwächten Nordkorea zu einem Systemkollaps führen. So steckt in der Absage also doch Politik - wenn auch zum Selbsterhalt. Kim wird seinen Lockdown allerdings sehr lange durchhalten müssen. Bis dahin fallen schon die nächsten sportpolitischen Entscheidungen. Die Winterspiele 2022 in Peking geben ein paar Anlässe.

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