Süddeutsche Zeitung

Ukraine:Deutschlands gefrorener Konflikt

Die Bundesregierung erhöht mit der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2 die Verletzlichkeit der Ukraine. Dagegen hilft kein Geld, sondern nur etwas ganz anderes.

Von Stefan Kornelius

Konflikte werden als eingefroren bezeichnet, wenn sie sich nicht mehr mit politischer Kraft zum Besseren wenden lassen. Dieser Zustand wird in der Regel bewusst herbeigeführt. Ein Konflikt bleibt auch im gefrorenen Zustand ein Konflikt.

Die deutsche Politik würde es sich kaum eingestehen, aber sie hat mit der Pipeline Nord Stream 2 einen frozen conflict geschaffen. Bisher scheiterte jeder Versuch, einerseits die Gasröhre zu entpolitisieren und in Betrieb zu nehmen und andererseits das ukrainische Sicherheitsbedürfnis zu befriedigen. Denn unbestritten bleibt, dass Kiew ohne seine Transitmacht leichter zu verletzen ist. Deutschland kann noch so viele Garantien aussprechen - Russland zahlt keinen direkten ökonomischen Preis, wenn es das Gasgeschäft (über die Ostsee) und den Krieg in der Ukraine trennen kann. Oder umgekehrt: Die Pipeline ist das wichtigste Druckmittel, das Präsident Wolodimir Selenskij gegen Moskau bleibt.

Auf der Suche nach einem Entfrostungsmittel könnte die Bundesregierung Wirtschaftshilfen, Gasgarantien und den Ausgleich für entfallene Transitgebühren anbieten. Nichts aber füllt das Sicherheitsloch, das die Verlagerung des Gasstroms schafft. Da müsste man die Ukraine schon stärker an die westlichen Bündnisse binden. Eine Option, die Wladimir Putin übrigens am meisten fürchtet.

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