Profil:Mahamadou Issoufou

Präsident von Niger, der aufhört. Ohne Tricks.

Von Bernd Dörries

Es gibt womöglich kein Land, in dem die Ausgangsbedingungen für einen Präsidenten schlechter sind als in Niger. Der Staat in Zentralafrika wird auf verschiedenen Listen der Vereinten Nationen als ärmstes Land der Welt geführt. Vom Norden, aus dem regierungslosen Libyen, operieren Ableger von al-Qaida, aus dem südlichen Nigeria die Terroristen von Boko Haram, auch aus den Nachbarländern Mali und Burkina Faso droht Unheil in Form von islamistischen Kämpfern oder gewöhnlichen Banditen. Dazu kommen die Verwüstung durch den Klimawandel und eine der höchsten Geburtenraten der Welt. Es ist also ziemlich erstaunlich, dass Mahamadou Issoufou seit 1996 bei jeder Präsidentschaftswahl kandidierte, dass er so dringend Präsident werden wollte.

Im Jahr 2010 gewann er schließlich und wurde fünf Jahre später wiedergewählt. Mehr Amtszeit erlaubt die Verfassung nicht, weshalb sich Issoufou in Kürze aus dem Amt zurückziehen und an seinen kürzlich demokratisch gewählten Nachfolger übergeben wird. Es ist eine Premiere für Niger, der erste friedliche und demokratische Machtwechsel seit der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1960.

Für den Mo-Ibrahim-Preis findet sich nicht jedes Jahr ein Träger. Diesmal schon

Issoufou, 69, stellt sich auch gegen einen Trend, dass afrikanische Präsidenten in den vergangenen Jahren ihre Amtszeit durch Verfassungsänderungen oder andere Tricks verlängert haben, nach Berechnungen des Economist haben in den vergangenen sechs Jahren 13 Staatschefs so ihre Amtszeit überzogen.

Dass Issoufou nun regulär aus dem Amt scheidet, war Grundvoraussetzung, um überhaupt infrage zu kommen für den Mo-Ibrahim-Preis, der ihm nun verliehen wurde. Dieser Preis zeichnet in Afrika seit 2007 jene Regierungschefs aus, die sich für gute Regierungsführung, demokratische Wahlen und die Einhaltung der Amtszeitbeschränkung verdient gemacht haben. Die Tatsache, dass der mit fünf Millionen Dollar dotierte Preis in 13 Jahren bisher nur sechs Mal vergeben wurde, zeigt, dass es nicht sonderlich gut bestellt um die Qualität der Regierungen ist in vielen Ländern Afrikas. Andererseits gibt es auch wenig Preise auf der Welt, die so sehr auf ihre Kriterien pochen wie der vom britisch-sudanesischen Telekommunikations-Milliardär Mo Ibrahim gestiftete Preis.

Die Zahl der Armen sank, die Lebenserwartung stieg

Dessen Stiftung misst seit vielen Jahren die gesellschaftlichen Veränderungen in Afrika und hat für Niger gute Werte festgestellt während der beiden Amtszeiten von Mahamadou Issoufou: Die Zahl der Einwohner, die unter der Armutsgrenze leben, sei von 48 Prozent auf 40 Prozent gesunken. Die Lebenserwartung stieg genauso wie das Durchschnittseinkommen, das heute um 18 Prozent höher liegt. Es entstanden neue Straßen, Hotels und ein Kongresszentrum, in der Hauptstadt Niamey ein neuer Flughafen. Kritiker sagen, von den ganzen Bauaktivitäten habe vor allem die Hauptstadt profitiert.

Die hat auch Angela Merkel schon kennenlernen dürfen, die mit Issoufou recht eng zusammenarbeitete; kein anderes Land in Sub-Sahara-Afrika erhielt, gemessen an seiner Größe, so viel Entwicklungshilfe aus Berlin. Es ist letztlich ein Geschäft auf Gegenseitigkeit, Issoufou hat dafür die Flüchtlingsroute durch die Sahara so gut wie geschlossen, was ihm im eigenen Land wenig Freunde gemacht hat. Die Bürger Nigers flüchten selbst zwar nur sehr selten nach Europa, sie haben aber gut daran verdient, die durch das Land ziehende Karawane zu bewirten und auf Pick-ups durch die Wüste zu fahren.

Für die Opposition ist Issoufou auch kein ganz lupenreiner Demokrat, bei der Wahl 2016 verschwand ein aussichtsreicher Gegenkandidat unter fadenscheiniger Begründung im Gefängnis. Issoufous Leitspruch lautete: Ordnung ohne Freiheit ist Diktatur. Freiheit ohne Ordnung ist Anarchie. Niger lag unter ihm wohl irgendwo dazwischen. Weshalb die Mo-Ibrahim-Stiftung auch fast etwas entschuldigend hinzufügte: Unter den gegebenen sehr schwierigen Umständen tat er sein Bestes.

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