Nach seinem Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Friedrich Merz gefordert, Deutschland solle „eine nationale Notlage“ erklären, um Menschen an seinen Grenzen zurückweisen zu können, da die Dublin-Regelung nicht mehr eingehalten wird. Letztere sah vor, dass Asylbewerber in jenem Mitgliedstaat ihren Antrag stellen müssen, wo sie den Boden des EU-Gebiets berühren, also meistens nicht im Binnenstaat Deutschland. Da „Dublin“ aber nicht funktioniere, sei es der Bundesrepublik nach dem EU-Vertrag erlaubt, nationales über europäisches Recht zu stellen. Genau definiert hat Merz eine solche nationale Notlage nicht, die es auch im Grundgesetz nicht gibt. Nach Art. 78, 3 des EU-Arbeitsvertrages heißt es aber: „Befinden sich ein oder mehrere Mitgliedstaaten aufgrund eines plötzlichen Zustroms von Drittstaatsangehörigen in einer Notlage, so kann der Rat auf Vorschlag der Kommission vorläufige Maßnahmen zugunsten der betreffenden Mitgliedstaaten erlassen. Er beschließt nach Anhörung des Europäischen Parlaments.“ Das würde aber bedeuten, dass Deutschland sich zumindest mit der EU abstimmen müsste. Wie gangbar dieser Weg wäre, ist unter Verfassungsrechtlern umstritten – wie die meisten Vorschläge zur Verschärfung der Migrationspolitik.
MeinungAktuelles Lexikon:Nationale Notlage

Von Joachim Käppner
Rechtsgrundlage, auf der Friedrich Merz die Migration begrenzen will – und über die Verfassungsrechtler streiten.
Lesen Sie mehr zum Thema