Nahost:Nicht nur eine Friedensbotschaft

Nahost: Israels Außenminister Jair Lapid begrüßt seinen Amtskollegen aus Bahrain, Abdullatif bin Raschid al-Sajani, in Sde Boker. Am einstigen Wohnort von Israels Staatsgründer David Ben Gurion findet das historische Treffen statt.

Israels Außenminister Jair Lapid begrüßt seinen Amtskollegen aus Bahrain, Abdullatif bin Raschid al-Sajani, in Sde Boker. Am einstigen Wohnort von Israels Staatsgründer David Ben Gurion findet das historische Treffen statt.

(Foto: JACK GUEZ/AFP)

Vier Minister aus arabischen Staaten reisen nach Israel zu einem historischen Treffen. Damit verbünden sie sich nicht nur gegen Iran, sondern auch gegen die USA.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Mehr Symbolik geht kaum: In Sde Boker, tief in der Negev-Wüste, trifft sich am Sonntag und Montag eine illustre Runde: Vier Außenminister arabischer Staaten - aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, aus Bahrain, aus Marokko und Ägypten - sind nach Israel gereist, um mit dem dortigen Außenminister Jair Lapid und dem amerikanischen Schutzpatron Tony Blinken zu konferieren. So etwas gab es noch nie, und zumindest für Romantiker wirkt das wie die Erfüllung eines Traums, den schon Israels Staatsgründer David Ben Gurion gehegt hatte. Israel werde, so heißt es in der Unabhängigkeitserklärung von 1948, "eine Hand zum Frieden" ausstrecken in alle Länder des Nahen Ostens.

Sde Boker, das ist Ben Gurions Wohnsitz in der Wüste gewesen. Hier hat er im Kibbuz gelebt. Hier ist er begraben. Und von hier aus soll nun die Botschaft ausgehen, dass Israel längst nicht mehr nur von Feinden umgeben ist. Das ist perfekt inszeniert. Es ist allerdings bei Weitem nicht die einzige Botschaft, die von diesem "Negev-Gipfel" ausgehen soll.

Natürlich gilt es bei dieser kurzfristig arrangierten Zusammenkunft, noch einmal die im Sommer 2020 geschlossenen Abraham-Abkommen zu stärken sowie die schon früher geschlossenen Friedensverträge mit Ägypten und Jordanien mit neuem Leben zu erfüllen. Doch die beabsichtigte Stärkung ist gewiss nicht nur nach innen gerichtet, sondern sogar zuvörderst nach außen - in Richtung Iran.

Iran als gemeinsame Bedrohung

Die Bedrohung durch das schiitische Teheraner Regime ist das, was Israel und die sunnitischen arabischen Nachbarn im Negev zusammenbringt. Hier wollen sie ihren gemeinsamen Widerstand gegen das von der US-Regierung angestrebte neue Atomabkommen mit Iran bekräftigen und den US-Außenminister Blinken mit einer möglichst geschlossenen Ablehnungsfront unter Druck setzen.

Die Neuauflage des von Donald Trump 2018 aufgekündigten Atomabkommens ist diesen Staaten nicht nur suspekt - sie halten es für eine existentielle Gefahr. Denn die Aufhebung der Sanktionen nach einem Vertragsabschluss wird Milliarden in die Teheraner Kassen spülen, und dieses Geld wird sicher nicht nur für wohltätige und zivile Zwecke eingesetzt. Iran wird damit seinen regionalen Machtanspruch weiterverfolgen und obendrein seine Hintersassen in Jemen oder Libanon militärisch aufrüsten.

Iranische Drohnen und Raketen bedrohen Abu Dhabi genauso wie Tel Aviv. Vom Washingtoner Gesandten Blinken werden die anderen Außenminister deshalb nicht nur Neues zum Stand der Verhandlungen wissen wollen. Sie werden auch weitreichende Sicherheitsgarantien einfordern. Trotz aller Symbolik ist das Treffen im Negev also keine Friedenskonferenz, sondern eher schon eine Art Kriegsrat.

Ausschluss der Palästinenser

Dass es nicht um nahöstliche Friedensschlüsse geht, zeigt sich noch an etwas anderem: an einer Leerstelle. Wie schon bei den Abraham-Abkommen werden die Palästinenser auch in Sde Boker außen vor gehalten. Sie sind nicht vertreten, sie stehen nicht auf der Tagesordnung. Doch dass sie und mit ihnen der nahöstliche Kernkonflikt nicht verschwunden sind, belegt ein weiteres Treffen, das parallel zur Negev-Konferenz in Ramallah stattfindet. Dort kommt Palästinenserpräsident Mahmud Abbas mit dem jordanischen König Abdullah zusammen.

Die Jordanier haben es sich damit zur Aufgabe gemacht, die Palästinenser aus ihrer zunehmenden Isolation zu holen - und Israels Regierung wäre gut beraten, sie dabei nicht zu boykottieren. Denn erst, wenn ein Ausgleich mit den Palästinensern gefunden wird, kann es Frieden geben in Nahost. Und erst dann wird es auch eine wirklich einige und starke Front gegen Iran geben können - gemeinsam auch mit dem mächtigen Saudi-Arabien, das seine Normalisierung der Beziehungen zu Israel immer noch von einer Umsetzung der Zwei-Staaten-Lösung abhängig macht.

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