Vom großen irischen Dichter Brendan Behan ist ein Zitat überliefert: „Das einzig Schlechte, was Zeitungen über dich schreiben können, ist ein Nachruf.“ Behan verstarb selbst bereits im Alter von 41 Jahren an multiplem Organversagen in einem Krankenhaus in Dublin. Ehrensache, dass die New York Times in ihrem Nachruf im März 1964 das Zitat aufgriff. Der Mann war notorischer Trinker, geliebt, gefeiert und verachtet, und damit ein Beispiel für eine Herausforderung des journalistischen, öffentlichen Nachrufs: Die Form soll die verstorbene Person würdigen und ehren; ein Nachruf aber, der Ambivalenzen ausblendet oder gar bekannte Missetaten unerwähnt lässt, kann nur als gescheitert gelten. Ein solches Scheitern fällt, seit sich jeder Nachruf rasch mit dem entsprechenden Wikipedia-Eintrag abgleichen lässt, schwer ins Gewicht. Auch wegen dieser Geschwindigkeitsanforderung halten viele Redaktionen Nachrufe in Vorbereitung. Kriterien dafür sind natürlich Prominenz von Werk und Person, dann Erkrankung, hohes Alter oder ein auffällig riskanter Lebensstil. Der nun verstorbene frühere US-Präsident Jimmy Carter erfüllte drei dieser Kriterien, weswegen die vielen Nachrufe auf ihn von langer Hand vorbereitet gewesen sein dürften.
Aktuelles Lexikon:Nachruf

Eine besondere redaktionelle Beitragsform, die in den Wintermonaten häufiger gebraucht wird.
Von Meredith Haaf

Nachruf:Peanuts and Peace
Er galt als einer der schwächsten US-Präsidenten – und einer der besten Ex-Präsidenten. Nachruf auf den Erdnussfarmer, Politiker und Friedensnobelpreisträger Jimmy Carter.
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