Militär:Alleingänge helfen nicht

Europäische Eingreiftruppen taugen für die echte Welt wenig. Vor allem nicht, wenn sie in Konkurrenz zur Nato und den USA konstruiert werden.

Von Stefan Kornelius

Europas Außenpolitiker haben die schlechte Angewohnheit, große Krisen mit Strukturdebatten und Konzeptideen zuzumüllen. Offenbar besteht ein tiefes Bedürfnis, die unregierbare Welt in den beherrschbaren Kosmos von Räten und Planungseinheiten zu überführen. Die unselige Debatte über die Aufstellung einer EU-Battlegroup als Antwort auf das eigene militärische Unvermögen in Afghanistan ist bezeichnend dafür.

Der Kollaps der Staatsstrukturen in Afghanistan ist Ergebnis einer falschen politischen Einschätzung

Afghanistan war lange Zeit ein gelungenes Beispiel für internationale Militärkooperation. Die Umstände des Rückzugs und der Blitzkollaps der Staatsstrukturen sind keinem Soldaten anzulasten. Sie waren Ergebnis einer falschen politischen Einschätzung. Am Flughafen von Kabul beschlich die Europäer die Erkenntnis, die sie viele Jahre schon in Afghanistan hätten gewinnen können: Alleine schaffen wir das nicht; wir brauchen die USA. Diesen Moment nutzt die Brüsseler Blasenmaschine, um der EU-Battlegroup neues Leben einzuhauchen.

Tatsächlich gibt es diese Militärstruktur bereits, oder besser: Es sollte sie geben, aber sie funktioniert nicht. Schon 1999 hat der Europäische Rat den Aufbau einer EU-Eingreiftruppe beschlossen. Vier Jahre später wurde die Sache neu beschlossen- da hieß die Eingreiftruppe "Battlegroup". 2006 übernahm der erste europäische Verband dieser Art das Kommando, seitdem wird unter den Mitgliedern rotiert, in der Regel mit gemischten Verbänden aus unterschiedlichen Nationen. Niemals wurde diese Battlegroup eingesetzt, auch in Afghanistan oder Mali nicht, niemals erreichte sie den Grad an Einsatzfähigkeit und Schnelligkeit, wie es selbst multinationale Verbände in der Nato erzielen. Oft hapert es an simplen Dingen wie der Kompatibilität von Funkgeräten. Europäische Battlegroups sind ein innereuropäisches Instrument zur Verzahnung der Streitkräfte. Für die echte Welt taugen sie wenig. Vor allem nicht, wenn sie in Konkurrenz zur Nato und den USA konstruiert werden.

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