MeinungChristoph Metzelder:Kick ins Abseits

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Kommentar von Annette Ramelsberger

Lesezeit: 2 Min.

Will alle Auszeichnungen zurückgeben: Christoph Metzelder. (Foto: Lukas Schulze/Getty Images)

Der Ex-Fußballer wird wegen des Besitzes von Kinderpornografie zu zehn Monaten auf Bewährung verurteilt - hinzu kommt die gesellschaftliche Ächtung. Letzteres ist die härtere Strafe.

Der ehemalige Fußballnationalspieler Christoph Metzelder ist am Donnerstag vom Amtsgericht Düsseldorf zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Nach einem sehr kurzen Prozess und einem Geständnis konnte er bereits nach wenigen Stunden den Gerichtssaal verlassen, als freier Mann. Für das, was er getan hat, geht man in Deutschland nicht in Haft, außer man ist einschlägig vorbestraft - und das ist Metzelder nicht.

Wären die Gesetze strenger, dann säßen Tausende von Männern in deutschen Gefängnissen, die sich an Bildern gequälter Kinder erregen, die sich Dateien von Missbrauch auf ihre Rechner laden und sie auch noch teilen. Jede Woche stehen solche Leute vor Gericht: Mal haben sie Fotos von Kindern heruntergeladen, die gerade vergewaltigt werden, mal tauschen sie Bilder von gequälten Kindern im Säuglingsalter.

Der Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie sind, so furchtbar das klingt, ein Alltagsdelikt. Und wäre Metzelder nicht ein prominenter Ex-Fußballer, ein Mann, dem das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde ausgerechnet für seinen Einsatz für Kinder - sein Fall hätte vor den Amtsgerichten dieser Republik keinerlei Aufsehen erregt.

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Metzelder hat selbst kein Kind missbraucht, er hat "nur" Fotos davon mit drei Frauen geteilt und sich mit einer Freundin an solchen Gewaltfantasien erregt. Doch das "nur" verkennt, dass Kinder genau für solche Fantasien vergewaltigt und erniedrigt werden. Für Kunden wie Metzelder werden diese Kinder wie Objekte benutzt und für ihr Leben geschädigt. Wo keine Nachfrage ist, da wird auch nichts geliefert. Weil das so ist, löst der Vorwurf Kinderpornografie in der Gesellschaft abgrundtiefe Verachtung aus. Und deshalb ist die gesellschaftliche Strafe sehr viel härter als die, die das Strafrecht vorsieht.

Eher kontraproduktiv, was sein Anwalt sagt

Der Gang vor Gericht ist dann nur noch der öffentliche Schlusspunkt. Vor Gericht bleibt in einem so offenkundigen Fall wie dem von Metzelder nur eines: nichts relativieren, nichts verharmlosen, gestehen, was durch Beweisfotos offen daliegt: den Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie, und zwar die der härteren Art. Es geht um Bilder von schwer sexuell missbrauchten Mädchen unter zehn Jahren. Da ist es eher kontraproduktiv, wenn Metzelders Anwalt kurz vor Prozessbeginn sagt, sein Mandant habe auch Bilder von hübschen jungen Frauen auf dem Handy gehabt, er habe nur einen sexuellen "Kick" haben wollen.

Sind die Gewaltfotos dadurch verschwunden? Nein, solche Argumente machen nichts besser. Wer Kinderpornografie leichtfertig benutzt, um sich einen "Kick" zu geben, muss wissen, dass er sich selbst ins Abseits kickt.

Metzelder hat vor Gericht angekündigt, er werde alle seine Auszeichnungen zurückgeben aus Reue und Verantwortung. Er hat auch eine Therapie begonnen. Das ist alles gut - aber es wird ihn nicht so schnell herausbringen aus dem gesellschaftlichen Abseits. Das wird er auch wissen, es gibt ja Beispiele.

Der frühere Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy hat wegen viel geringerer Vorwürfe seine Existenz verloren. Dabei wurde Edathy noch nicht mal wegen des Besitzes von Fotos verurteilt, das Verfahren gegen ihn wurde eingestellt gegen eine Geldauflage von 5000 Euro. Das ist viel weniger als eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten wie bei Metzelder. Aber der Fall Edathy hat gelehrt: Wer bekannt ist und wegen Kinderpornografie vor Gericht steht, bekommt in Deutschland die härteste Strafe: die Verbannung aus der Gesellschaft. Leider scheint das nicht abschreckend genug zu wirken.

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Von Jana Stegemann

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