CDU:Kurierdienst Merz

Der Parteichef hat sich und seine Reise geschickt mit einer Bedeutung versehen, die sie nicht hatte.

Kommentar von Nico Fried

Friedrich Merz hat die Ukraine besucht und seine Sache gut gemacht. Seine Sache als Oppositionsführer ist es, Schwächen oder Widersprüche der Regierung offenzulegen, das hat er mit Blick auf die Reisetätigkeit des Kanzlers getan. Seine Sache als Parteichef ist es, wenige Tage vor Landtagswahlen Aufmerksamkeit auf sich und seine CDU zu ziehen. Das hat er getan. Wer ihm vorwirft, er instrumentalisiere dafür einen Krieg, müsste nach Merz' Begegnung mit Wolodimir Selenskij auch dem ukrainischen Präsidenten vorwerfen, dass er das mit sich geschehen lässt. Friedrich Merz' Sache ist es schließlich, sich staatsmännisch zu inszenieren und niedere Motive, die ihm unterstellt werden, in wohltemperierter Empörung als abwegig abzutun. Das hat er getan, so gut ein Friedrich Merz das eben kann.

Der CDU-Chef hat sich und seine Reise geschickt mit einer Bedeutung versehen, die sie nicht hat. Neben seiner goldig gespielten Überraschung über das große mediale Interesse war der Höhepunkt in dieser Hinsicht Merz' Selbstdarstellung als eine Art Kurier zwischen Kiew und Berlin: Der Oppositionsführer bat um Verständnis, dass er selbstverständlich erst dem Bundeskanzler über sein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten berichten werde und nicht den Medien. So erweckte Merz, der qua Amt nur mit leeren Händen in die Ukraine reisen konnte, zumindest den Eindruck, er reise nicht auch mit leeren Händen wieder nach Hause.

Ein Oppositionsführer, so hat es Merz immer wieder gesagt, dürfe reisen, wann und wohin er wolle. Das stimmt, und gemessen an der Washington-Reise Angela Merkels kurz vor dem Irak-Krieg 2003, bei der sich die Oppositionsführerin von Gerhard Schröder offen distanzierte, hat sich Merz seinem Kanzler gegenüber geradezu loyal verhalten. Trotzdem bleibt vom Schlafwagen-Trip nach Kiew vor allem die Erkenntnis, dass vermeintliche Außenpolitik eines Oppositionsführers immer nur Innenpolitik sein kann. Mehr ist eben seine Sache nicht.

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