Süddeutsche Zeitung

Wahlkampf:Stürmchen der Entrüstung

Friedrich Merz und Lars Klingbeil sind so freundlich, mit zwei Fouls der Twitter-Gemeinde Stoff zu geben.

Kommentar von Detlef Esslinger

Wenn man diesen Bundestagswahlkampf mit einem Fußballspiel vergleicht, so wird bisher niemand auf die Idee kommen, ein Spitzenspiel um den Titel geboten zu kriegen. Eher ist so was wie der Kampf gegen den Abstieg zu sehen, wir sind erst in der 27. oder 38. Minute, aber es häufen sich die Nickligkeiten. Friedrich Merz schreibt, die Grünen wollten möglichst viele Einwanderer "unabhängig von ihrer Integrationsfähigkeit nach Deutschland einladen". Was nicht stimmt. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil lässt in einem Video mit dem Hinweis vor der CDU warnen, dass der Chef von Laschets Düsseldorfer Staatskanzlei "erzkatholisch" sei und etwas gegen Sex vor der Ehe habe.

Es gibt in Politik und Medien genügend Menschen, die am Wochenende nicht an die frische Luft gehen, sondern sich lieber an ihrem zweiten Wohnsitz bei Twitter aufhalten. Also folgten auf beide Äußerungen die üblichen Stürmchen der Entrüstung. Ja ja, das waren zwei Fouls, es ist der Job der Getroffenen und ihrer Anhänger, sich zu winden und zu schreien.

Andererseits: Gerhart Baum hat soeben daran erinnert, dass im Wahlkampf 1980 die CSU ihm, dem damaligen FDP-Bundesinnenminister, vorwarf, fürs Oktoberfest-Attentat verantwortlich zu sein. Das war ein Foul. Wenn es nun so possierlich bleibt wie mit Merz, Klingbeil und Sex vor der Ehe, soll's recht sein.

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