Süddeutsche Zeitung

Maut:Vertrauensfrage

Ein Schiedsgericht läutet das letzte Kapitel des Maut-Desasters ein - ab jetzt geht es um Schadenersatz. Was bleibt, ist ein Lehrstück über Verantwortlichkeit und Verantwortung in der Politik.

Kommentar von Michael Bauchmüller, Berlin

Fast ist es ein Jammer, dass Andreas Scheuer nicht mehr im Amt ist. Jetzt wäre für den einstigen Bundesverkehrsminister noch einmal eine gute Gelegenheit, in Würde zurückzutreten. Denn in Sachen missglückter Pkw-Maut hat ein Schiedsgericht den ursprünglich vorgesehenen Systembetreibern einen grundsätzlichen Schadensersatzanspruch zuerkannt. Es geht um mehrere Hundert Millionen Euro, aufzubringen von den Steuerzahlern - Millionen, die für andere, sinnvollere Zwecke fehlen werden.

Was bleibt, ist ein Lehrstück rund um Verantwortlichkeit und Verantwortung. Scheuer hatte die Betreiberverträge für die Maut abgeschlossen, als ein Verfahren dagegen vor dem Europäischen Gerichtshof noch lief. Für den Fall einer Niederlage sahen diese Abmachungen jenen Schadensersatz vor, den das Schiedsgericht nun dem Grunde nach bestätigt hat. Der CSU-Politiker war sich seiner Sache aber offenbar so sicher, dass er sie dennoch abschloss, Schadensersatz hin oder her; er wollte schnell sein. Letztlich war er verantwortlich für das ganze finanzielle Desaster.

Gelegenheiten zum Rücktritt gab es einige

Aber die Verantwortung übernahm er nie. Jede Gelegenheit zum Rücktritt ließ Scheuer verstreichen - und es gab einige davon. Der Minister saß die Sache aus. Nur: Dass ihm das bis zum Ende der Legislaturperiode und der großen Koalition gelungen ist, sollte nicht beispielgebend sein.

Die Causa Maut lehrt, dass es jenseits aller politischen Abmachungen, jenseits aller Koalitionsverträge eben immer die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sind, die für Projekte geradestehen. Sie müssen nicht jedes einzelne dieser Vorhaben unterstützen, so will es die Demokratie. Aber sie müssen das Vertrauen haben, dass die, denen sie auf Zeit Macht verleihen, mit dem gemeinsam aufgebrachten Geld verantwortungsvoll umgehen. Tun diese das nicht und ziehen bei Fehlverhalten auch keine Konsequenzen, dann leidet nicht nur das Ansehen der verantwortlichen Politiker. Sondern auch das Vertrauen in den Staat als solchen.

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