Maskenaffäre:Markige Worte, wenig dahinter

Maskenaffäre: Die gravierenden Mängel in Deutschland beim Kampf gegen Abgeordneten-Korruption sind seit vielen Jahren ein Thema.

Die gravierenden Mängel in Deutschland beim Kampf gegen Abgeordneten-Korruption sind seit vielen Jahren ein Thema.

(Foto: Joerg Boethling/imago images)

Wollen CDU und CSU mit ihren neuen Regeln für Abgeordnete wirklich Transparenz schaffen und Vertrauen zurückgewinnen? Dann müssen sie schon mehr bieten, als einen alten Paragrafen etwas zu verschärfen.

Kommentar von Klaus Ott

Abgeordnete, die sich bestechen lassen, sind Verbrecher. Und wer Volksvertreter schmiert, ist ebenfalls ein Verbrecher. Mit dieser Botschaft haben CDU und CSU auf die Maskenaffäre in ihren Reihen reagiert. Der christsoziale Parteichef Markus Söder hat gar eine neue CSU ausgerufen, mit neuen Regeln und einem neuen Geist. Korruption von Abgeordneten wird vom Vergehen zum Verbrechen hochgestuft, mit bis zu zehn statt wie bisher bis zu fünf Jahren Gefängnis.

Die markigen Worte verdecken allerdings, dass sich beim Abgeordneten-Bestechungsparagrafen 108e im Strafgesetzbuch an entscheidender Stelle gar nichts Entscheidendes tut. Verstöße bleiben auf die "Wahrnehmung" des Mandats beschränkt. Also streng genommen auf Vorgänge, die direkt mit der Parlamentsarbeit zu tun haben. Als ob ein Volksvertreter den Einfluss, den ihm sein Amt verschafft, nicht auch anderweitig nutzen könnte, insbesondere in Ministerien.

Der Paragraf hilft jenen, die mit dem Amt Geschäfte machen wollen. Also den Nüßleins und Sauters, die schon kräftig kassiert haben oder dies weiter zu tun gedenken. Wollen CDU und CSU, aber auch SPD, Grüne und Linke mit ihren neuen Regeln für Abgeordnete wirklich Transparenz schaffen und Vertrauen zurückgewinnen, dann müssen sie schon mehr bieten, als einen alten Paragrafen etwas zu verschärfen.

Dass Schmiergeldzahlungen an Abgeordnete künftig ein Verbrechen sein sollen, wirkt am Ende wie ein Ablenkungsmanöver. Die meisten Verdachtsfälle können gar nicht verfolgt werden, weil der Paragraf 108e das nicht hergibt. Beispiel gefällig? Der CSU-Politiker Alfred Sauter hat Ende 2020 als Landtagsabgeordneter und Anwalt in einer E-Mail an den Büroleiter von Ministerpräsident Söder gefordert, Bayern solle sich für die rasche Zulassung eines Corona-Schnelltests einer bayerischen Biotechnik-Firma einsetzen.

Es wirkt geradezu wie eine Einladung, die Vorschrift auszuhebeln

Ein paar Wochen später hat Sauter als Anwalt über die Kanzlei Gauweiler & Sauter mal eben 300 000 Euro Honorar bei dieser Firma abgerechnet. Ein Fall für die Staatsanwaltschaft? Eher nicht. Mit Sauters Arbeit im Landtag hatte das ja nicht direkt zu tun, auch wenn der CSU-Politiker die Mail als Abgeordneter gezeichnet hatte. Einen Vorgang im Parlament hat es dazu gar nicht gegeben. Solche Geschäfte funktionieren ja nur, wenn sie im Verborgenen stattfinden und nicht durchs Parlament gehen, wo vieles schnell öffentlich wird.

Alleine dieses Beispiel zeigt, wie widersinnig die Beschränkung des Bestechungs-Paragrafen auf die "Wahrnehmung" des Mandats ist. Das wirkt geradezu wie eine Einladung, die Vorschrift auszuhebeln. Statt die willkürlich anmutende Einschränkung des Paragrafen 108e aufzuheben, wird erst einmal über strengere Regeln an anderer Stelle beraten, über mehr Transparenz bei den Parteispenden etwa.

Dabei sind die gravierenden Mängel in Deutschland beim Kampf gegen Abgeordneten-Korruption seit vielen Jahren ein Thema. Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags haben bereits 2008 auf entsprechende Vorschläge der Vereinten Nationen sowie der OECD verwiesen, eines Bündnisses, dem vor allem westliche Industriestaaten und Demokratien angehören. Die Vorschläge erfassen im Prinzip jede "missbräuchliche Einflussnahme", die mit Geld oder geldwerten Vorteilen verbunden ist. Doch davon will der Bundestag nichts wissen. Indem die Abgeordneten im Kern am alten Paragrafen 108e festhalten, schützen sie sich selbst vor Ermittlungen.

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