Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Wählertäuschung

Markus Söder machte eine flapsige Bemerkung, und einige nahmen sie ernst.

Von Ronen Steinke

Der Jurastudent Markus Söder wird diesem Strafparagrafen nie begegnet sein. Er steht nicht auf dem Lehrplan an den Unis. In der bayerischen Staatskanzlei aber, wo Söder heute als Ministerpräsident arbeitet, dürfte er sich die Vorschrift gerade genauer angesehen haben. Denn Söder hatte mehrere Strafanzeigen auf sich gezogen, wegen Wählertäuschung. In Paragraf 108a des Strafgesetzbuchs steht: "Wer durch Täuschung bewirkt, dass jemand bei der Stimmabgabe über den Inhalt seiner Erklärung irrt oder gegen seinen Willen nicht oder ungültig wählt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." Die Staatsanwaltschaft in Schweinfurt hatte zu prüfen, ob ein paar flapsige Sätze, die in einer Wahlkampfrede fielen, unter diese Definition fallen. "Suchen Sie am Wahltag noch einmal durch im Haus, jeden den Sie finden können", hatte Söder gesagt. "Fragen Sie alle: Was möchtest du denn wählen? Und wenn diejenigen sagen: CSU, sagen Sie: Sofort mit zum Wählen! Und wenn sie sagen, sie schwanken noch bei einem anderen, sagen Sie: Gute Idee, lass dir noch eine Woche Zeit, die Wahl ist erst nächste Woche." Das war nicht ganz korrekt, aber erkennbar ein Witz, so winkte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch ab. Auch davon hängt eine Strafbarkeit einer solchen Äußerung ab: der Ernstlichkeit.

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