Süddeutsche Zeitung

Philippinen:Der Sohn des Diktators soll das Werk vollenden

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Ferdinand Marcos Jr. schickt sich an, Präsident zu werden. Den einen stillt er die Sehnsucht nach Recht und Ordnung; in den anderen weckt er schlimmste Befürchtungen.

Von Arne Perras

Die schönsten Seifenopern schreibt das Leben, zumindest auf den Philippinen, wo sich gerade die Kandidaten für die Wahl im Mai positionieren. Ohne Drama, ohne Aaahs und Ooohs läuft diese Phase selten ab. Und es gilt, sich sorgfältig zu inszenieren und symbolträchtige Bilder zu produzieren, wie unlängst auf einer Hochzeit in der philippinischen High Society. Die Scheinwerfer richteten sich dabei nicht auf das Brautpaar, sondern auf zwei Gäste, die es ganz nach oben schaffen wollen, im Tandem: Ferdinand Marcos Jr., der einzige Sohn des früheren Diktators, Arm in Arm mit Sara Duterte-Carpio, Tochter des amtierenden Präsidenten, der nicht mehr antreten darf.

Was für eine Paarung. Auf den Fotos hat sich Sara artig bei Ferdinand untergehakt, so ist jetzt die Aufstellung: Sie geht als Vizekandidatin ins Rennen, während er in den Präsidentenpalast einziehen will. Doch was die einen als Power-Duo feiern, betrachten die anderen als doppelten Horror; ein Kritiker nannte das Paar dictatorannical, ein Wortspiel, in dem die Begriffe diktatorisch und tyrannisch miteinander verschmelzen.

Viele fürchten die Rückkehr der finsteren Zeit

Marcos jedenfalls, den sie Bongbong nennen, schürt bei liberalen Kräften Ängste, dass er die finsteren Zeiten seines Vaters zurückbringen könnte. Seine Umfragewerte waren zuletzt besser als die aller anderen Kandidaten, nur Sara Duterte ist noch populärer. Sie allerdings hatte es abgelehnt, für das oberste Amt zu kandidieren, sie will nur als Vize antreten. Warum sie sich so zurücknimmt, darüber wird heiß debattiert, aber erstmal ist es so, dass sie dem Marcos-Clan den Weg zurück an die Staatsspitze ebnet.

Es erscheint bizarr, dass der Spross eines Despoten, der Gegner gnadenlos verfolgte und schamlos Milliarden abzweigte, sich nun Hoffnungen auf das höchste Staatsamt machen kann. Zumal sich Marcos Jr. nie politisch von seinem Vater distanzierte. Aber es gibt Gründe für diesen Erfolg: Marcos kann nun so tun, als werde er vollenden, was der populäre Duterte begonnen hat. Es gibt eine starke Sehnsucht nach Recht und Ordnung, nach Politikern, die hart durchgreifen, so wie es Duterte mit seinem Anti-Drogen-Krieg tut. Er ist der Vollstrecker, und von Marcos erwarten nun viele, dass er weitermacht. Duterte wiederum wird von seinem Nachfolger erwarten, dass er ihn vor der Justiz abschirmt, damit er für seine Verbrechen nicht ins Gefängnis muss.

So könnte eine Hand die andere waschen - wenn das der Deal ist. Genau wissen das nur wenige, denn reiche Clans dominieren die Politik, die stets undurchsichtig und immer für eine abrupte Wendung gut ist. Marcos hat lange auf den Moment hingearbeitet, die Familie ist noch immer reich und gut vernetzt. 2016 war Bongbong als Vize ins Rennen gegangen, damals hatte er noch verloren. Seither gibt er den Betrogenen, was er zwar nicht beweisen kann, aber was seine Gefolgschaft mobilisiert.

Ein paar Stolperfallen muss er allerdings noch ausweichen

Mutter Imelda Marcos, die 3000 Paar Schuhe in ihren Regalen ansammelte, soll sich immer gewünscht haben, dass ihr Sohn das Erbe ihres Mannes antritt. Es wäre eine späte Genugtuung für die 92-Jährige. Stolpern könnte Marcos Jr., 64, allerdings noch über versäumte Steuererklärungen. Das ist gerichtlich bestätigt und es gibt eine Petition, ihn zu disqualifizieren. Auch um sein Oxford-Studium wird gestritten, das er offenbar nie mit einem Bachelor abgeschlossen hat, wie er es als Senator behauptete.

In einem Schwarz-Weiß-Film, den Vater Marcos einst für seine Karriere drehen ließ, spielt der Sohn als Junge bereits mit: "Ich bin Bongbong Marcos", sagt er in die Kamera. "Wenn ich groß bin, will ich Politiker werden." So begann schon früh die Inszenierung seines Lebens, als sei es eine Vorsehung, dem Vater nachzueifern.

Es geht, wie der Politologe Richard Heydarian sagt, um nicht weniger als die Rettung der Familienehre. Der Sohn soll nun in jenen Palast einziehen, aus dem der Vater 1986 vom protestierenden Volk so schmachvoll verjagt worden war.

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