Süddeutsche Zeitung

Mali:Afrikanisches Trauerspiel

Die Putschregierung will Helfer wie die Bundeswehr rausekeln, ohne die das Land verloren ist.

Kommentar von Joachim Käppner

Von den eigentlichen Opfern des Chaos in Mali ist selten die Rede: Das ist die vielfältige Zivilgesellschaft des westafrikanischen Landes. Über ihre Geschicke bestimmt sie nicht selbst, die Regierung liegt in den Händen eines Militärs, das sich 2020 an die Macht geputscht und das Wahlen verhindert hat und eine so kurzsichtige wie selbstmörderische Politik betreibt. Neuerdings versucht es, die Blauhelme der UN-Schutztruppe Minusma rauszuekeln, an der auch die Bundeswehr beteiligt ist. Weil die Putschregierung in Bamako der Luftwaffe nun absprachewidrig Überflugrechte verweigert, kann die Truppe nicht verstärkt werden, nun setzen die Deutschen ihren Einsatz erst einmal aus. Es bleibt ihnen wenig anderes übrig.

Das Groteske an der Situation: Ohne die Helfer aus dem Westen und von den Vereinten Nationen dürfte die malische Armee kaum Chancen haben, der Islamisten Herr zu werden, die das Land im Norden bedrohen. 2013 hatten diese bereits weite Gebiete unterworfen, bis französische Truppen sie stoppten. Doch die frühere Kolonialmacht engagiert sich heute nicht mehr in Mali, weil die Putschisten dort sie nicht mehr wollten. Lieber setzen die Generäle auf die Hilfe Russlands, Söldner der berüchtigten Wagner-Gruppe operieren bereits im Land. Der Einsatz der Bundeswehr und der gesamten UN-Mission steht vor dem Aus, weil Malis Regierung sich nicht helfen lassen will. Ziehen die Blauhelme aber ab, wird das geplagte Land entweder islamistischen Terrorgruppen in die Hände fallen oder unter Putins Fuchtel geraten. Ein afrikanisches Trauerspiel.

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