Es ist selten, dass so ein poetisches altes Wort sich mal in einen neueren Behördendeutschtext hinein verirrt. Aber so ist es kürzlich geschehen. Der Ausdruck „Lippenbekenntnis“ bedeutet, dass jemand eine Haltung proklamiert, die in Wahrheit nicht seiner Überzeugung entspricht. Die Wortschöpfung geht womöglich auf eine Bibelstelle zurück, auf Jesaja 29, 13-14. Dort ärgert sich Gott über ein Volk, das „mich mit seinen Lippen ehrte, sein Herz aber fernhielt“. 1915 schrieb die Sozialistin Clara Zetkin zum internationalen Frauenkampftag: „Nicht das Lippenbekentnis, nur das Leben und Handeln adelt und erhebt.“ Nun findet sich das Wort in den Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums zum 2024 reformierten Einbürgerungsrecht wieder. Dort heißt es: Wenn Bewerber um den Pass sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, dann reiche es nicht, auswendig etwas aufzusagen. Das Bekenntnis müsse „von einer inneren Hinwendung getragen“ und „kein Lippenbekenntnis“ sein. Deshalb hat die Ausländerbehörde in Regensburg nun einem Palästinenser die Einbürgerung verweigert. Er hatte erst mit arger Verzögerung beteuert, nichts gegen die Existenz eines Staates Israel in dessen völkerrechtlich anerkannten Grenzen zu haben. Im neuen Staatsangehörigkeitsgesetz steht in Paragraf 11: „Die Einbürgerung ist ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass das Bekenntnis (...) inhaltlich unrichtig ist.“
Aktuelles Lexikon:Lippenbekenntnis
Begriff aus dem Alten Testament, den sich nun auch das Bundesinnenministerium zu eigen macht.
Von Ronen Steinke

Deutschland:Antizionismus verhindert die Einbürgerung
Um Deutscher zu werden, muss man sich zum Existenzrecht Israels bekennen, entscheidet erstmals ein deutsches Gericht. Das liegt auch am neuen Staatsangehörigkeitsgesetz der Ampel.
Lesen Sie mehr zum Thema