Süddeutsche Zeitung

Lexikon:Toter Punkt

Diesen Begriff hat zuletzt Kardinal Marx verwendet, aber er hat viele schöne Bedeutungen und Ursprünge.

Von Marc Beise

Der tote Punkt, den jeder kennt, kommt von innen. Man ist bei der Arbeit und einfach nur unsäglich müde. Der tote Punkt hat viele schöne Bedeutungen und Ursprünge. Er könnte aus dem Bereich der Mechanik stammen, wo er ein Begriff für blockierende Kräfte ist. Wenn bei einer Antriebsmaschine die Pleuelstange und die Kurbelwelle eine gerade Linie bilden, spricht man von einem Totpunkt, denn dann bewegt sich die Pleuelstange weder vor noch zurück. In der Wirtschaft wird die Gewinnschwelle (Break-even-Point) gelegentlich toter Punkt genannt, wenn ein Unternehmen also weder Gewinn noch Verlust erzielt. Schachspieler sprechen manchmal von der toten Stellung, wenn beide Spieler keine Möglichkeit mehr haben, den Gegner matt zu setzen, so schlecht sie auch noch spielen mögen. In der Genealogie ist es der früheste Punkt des Stammbaums, vor dem sich partout keine noch älteren Ahnen finden lassen. Wie jetzt die katholische Kirche über den toten Punkt hinwegkommen will, den ihr gerade Kardinal Reinhard Marx bescheinigt hat, ist sehr die Frage. Ein Kaffee, ein Glas Wasser oder ein Spaziergang, der bei Erschöpfung empfohlen wird, werden nicht reichen. Am ehesten noch könnte die Analogie zur Genealogie helfen: Dort gilt als goldene Regel, noch mal ganz genau in den Kirchenbüchern nachzuschauen. Wer wirklich willucht, findet dort bestimmt auch Hinweise, wie die Kirche wieder die Herzen ihre Mitglieder erreicht.

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