Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Laufzeit

Begriff, der auch mit Briefträgern zu tun hat. Aber nicht mit ihrer Fortbewegung.

Von Detlef Esslinger

Wie gelingt Tarifparteien eine Einigung, wenn eine Gewerkschaft sehr viel Geld fordert, ein Arbeitgeber aber nur sehr viel weniger zu geben bereit ist? Im Grunde ist die Methode, in allen Branchen, immer dieselbe: indem man die Forderung in Bestandteile zerlegt und sodann an den Bestandteilen arbeitet. Bei der Post hat die Gewerkschaft Verdi ursprünglich nicht nur 15 Prozent mehr Geld gefordert, sondern dies auch "für zwölf Monate". Die angestrebte Laufzeit ist immer Bestandteil von Tarifverhandlungen. Zwölf Monate, das ist das Ideal für eine Gewerkschaft: weil eine solche, relativ kurze Laufzeit ihr die Chance gibt, schon bald die nächste Tarifrunde, mit wieder neuen Forderungen, zu beginnen. Arbeitgeber hingegen streben oft eine längere Laufzeit an: um die nächste Runde hinauszuzögern, um über längere Zeit Planungssicherheit zu haben. Der Deal besteht dann oft darin, dass die Gewerkschaft eine hoch anmutende Lohnsteigerung durchsetzen kann (laut Verdi bei der Post: 11 bis 16 Prozent, je nach Entgeltgruppe), dafür aber eine viel längere Laufzeit als gewollt hinnehmen muss (bei der Post: 24 Monate). "Langläufer" werden solche Tarifverträge von den Fachleuten genannt. In den vergangenen Jahren, die auch ökonomisch oft unsicher waren, sind sie recht üblich geworden.

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