Süddeutsche Zeitung

Union:Laschets Sorgenkinder

Der CDU-Chef versucht, Merzianer und FDP bei Laune zu halten. Das muss er auch.

Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

Armin Laschet gilt nicht als Mann der Zuspitzung, persönliche Angriffe überlässt der CDU-Chef in der Regel anderen. Umso erstaunlicher sind jetzt seine Attacken auf den Bundesfinanzminister. Laschet wirft Olaf Scholz "Arroganz und Ignoranz" vor und beschimpft den Minister als "Apparatschik der SPD". Derart greifen heutzutage nicht einmal mehr CSU-Generalsekretäre Koalitionspartner an.

Offensichtlich will Laschet den Streit um den Sachverständigenrat auch dazu nutzen, die Anhänger von Friedrich Merz zu befrieden. Scholz verhindert eine Verlängerung der Amtszeit des Wirtschaftsweisen Lars Feld, der bei den Wirtschaftsliberalen wohlgelitten ist. Mit seinem aggressiven Einsatz für Feld punktet Laschet bei den Merzianern. Und das muss er auch. Denn er hat die Wahl zum CDU-Chef zwar gewonnen, aber all die Christdemokraten, die für Merz gestimmt haben, sind ja trotzdem noch da - und damit auch deren Wünsche zu Kurs und Ton der CDU.

Mit der Attacke auf Scholz hat Laschet den bisherigen Merz-Anhängern aus dem Herzen gesprochen. Es ist bereits das zweite derartige Signal. Als Kanzleramtschef Helge Braun eine Lockerung der Schuldenbremse ins Spiel brachte, stoppte Laschet den Vorstoß sofort. Damit punktete er auch bei der FDP - dem anderen politischen Sorgenkind Laschets.

Der CDU-Chef regiert Nordrhein-Westfalen in einer Koalition mit der FDP. Das Bündnis hat im Landtag nur einen Sitz Mehrheit. Und das Verhältnis zur FDP wird wegen des aufziehenden Bundestagswahlkampfs immer schwieriger. Im Bund sind die Liberalen ja in der Opposition, in der Corona-Politik zeigt sich das besonders deutlich. Laschet muss aber an einem guten Verhältnis zur FDP gelegen sein - wegen seiner Regierung in Düsseldorf, aber auch mit Blick auf die beiden anstehenden Landtagswahlen.

Laschet tut gerade alles dafür, dass sich niemand von Rang in der CDU findet, der nach Söder ruft

In gut zwei Wochen wird in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz gewählt. Auf das Rennen um die Kanzlerkandidatur der Union wird der Ausgang zwar keinen großen Einfluss haben. Wenn die arg eigensinnige Susanne Eisenmann und der ziemlich unbekannte Christian Baldauf gegen die populären Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und Malu Dreyer verlieren, wird das nicht einmal Markus Söder dem frisch gewählten CDU-Chef Laschet glaubhaft in die Schuhe schieben können. Auf die Bundespolitik könnte der Ausgang der beiden Landtagswahlen aber trotzdem Einfluss haben.

In Rheinland-Pfalz regiert bereits eine Ampel-Koalition, in Baden-Württemberg wäre ausweislich der Umfragen eine möglich - wenn auch unter grüner Führung. Wenn es in beiden Ländern zu Bündnissen aus SPD, Grünen und FDP käme, würde eine Ampel-Koalition auf einmal auch als eine Option für den Bund gelten. Laschet tut also gut daran, die FDP mit Äußerungen wie denen zur Schuldenbremse oder zum Wirtschaftsweisen bei Laune zu halten. In den Umfragen für die Bundestagswahl kommt ein Ampel-Bündnis bisher zwar auf keine Mehrheit - aber der Rückstand ist aufholbar.

Wenn nichts Überraschendes mehr passiert, wird Laschet Kanzlerkandidat der Union werden. Auch weil er gerade alles dafür tut, dass sich niemand von Rang in der CDU findet, der nach Söder ruft. Wenn dann auch noch die FDP als sicherer Partner für den Fall bereitsteht, dass es für Schwarz-Grün allein nicht reicht, dürfte Laschet auch Kanzler werden.

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