Lady Gaga:Wenigstens eine, die in "House of Gucci" funktioniert

Lady Gaga: Patrizia Reggiani, die Bösewichtin bei den Guccis? Jedenfalls hier so, wie Lady Gaga sie darstellt.

Patrizia Reggiani, die Bösewichtin bei den Guccis? Jedenfalls hier so, wie Lady Gaga sie darstellt.

(Foto: Courtesy of Metro Goldwyn Mayer Pictures Inc./AP)

Einen Oscar wird sie für ihre Verkörperung der Patrizia Reggiani kaum bekommen. Dies aber aus Gründen, für die sie nichts kann.

Von Susan Vahabzadeh

Als Lady Gaga 2008 im Kostüm einer Lackledermieze die Musikwelt eroberte, hatte wohl kaum jemand gedacht, dass man sich diese Frau nicht nur merken muss, sondern sie auch richtig ernst nehmen sollte. "Poker Face", der Song, den sie auch geschrieben hatte, machte sie sofort berühmt. Sie war damals erst 22, und alles hätte noch passieren können - und es ist ja auch so ziemlich alles passiert, was in 13 Jahre hineinpasst. Die wüsten Aufzüge wurden ihr Markenzeichen - mal war sie ein Pfau, dann war ihr Kleid ein rosa Gummi-Oktopus. 2010 tauchte sie in einem Fleischkleid mit Rollbraten-Plateauschuhen bei den MTV Awards auf. Sie lieferte einen Hit nach dem anderen ab, trat mit dem damaligen US-Vizepräsidenten Joe Biden bei den Oscars auf, wechselte zusätzlich ins Schauspielfach und ist nun in einem der am meisten ersehnten Filme des Jahres zu sehen: in Ridley Scotts "House of Gucci".

Sie hat zwölf Grammys gewonnen, sieben Alben produziert und so viele davon verkauft, dass ihr das Musikmachen wahrscheinlich ein wenig langweilig wurde. Der Wandel der Lady Gaga begann damit, dass ausgerechnet sie, die ihre Masken am Anfang ihrer Karriere als Versteck benutzte, sich besonders weit öffnete. Sie begann, auf Instagram Fotos von sich selbst ohne Kostüme und Make-up zu posten. Und dazu gehörte es auch, dass Lady Gaga (die eigentlich Stefani Germanotta heißt und 1986 in New York geboren wurde), sich für Opfer sexueller Übergriffe einzusetzen begann und selbst in Interviews erzählte, wie sie mit 19 von einem Plattenproduzenten vergewaltigt worden sei. So kam es zu dem Auftritt mit Joe Biden bei den Oscars 2016, als Gipfel einer Kampagne, die mehr Aufmerksamkeit für die Opfer erzeugen sollte. Dazu kam weiteres soziales Engagement - bei "Black Lives Matter", für die Rechte der LGBT-Community, gegen Fracking.

In der persönlichen Begegnung ist Stefani Germanotta übrigens ganz, ganz anders, als es ihre spektakulären Auftritte vermuten lassen: ernsthaft, unauffällig, aber zugewandt; was so weit geht, dass sie ihren Interviewerinnen Begrüßungsküsschen gibt und ihnen ins Ohr haucht: "Nennen Sie mich Stefani!" Und sie erzählt sehr freimütig, dass sie ein unsicherer Teenager war. Eins allerdings hat sie mit Lady Gaga und ihren Filmfiguren gemein: Sie ist sehr, sehr klein.

Das Schauspiel nun liegt nah bei einer Musikerin, die so in Rollenspielen aufgeht - Lady Gaga hat alles, nur kein Pokerface, ihre Mimik spricht Bände, und sie möchte eben auch nicht nur Pop-Queen sein. In Bradley Coopers Remake von "A Star is Born" spielte sie 2018 eine Nachwuchssängerin, die einen großen Rockstar (gespielt von Cooper selbst) kennen und lieben lernt und ihn dann sehr bald überflügelt. Es war ihre erste Hauptrolle - und sie wurde gleich für einen Oscar als beste Darstellerin nominiert. Für eines der Lieder aus dem Film, "Shallow", bekam sie ihn tatsächlich.

Es ist also kein Wunder, dass noch vor der Premiere von "House of Gucci" geraunt wurde, sie habe wieder eine oscarreife Performance hingelegt. Das hat sie auch, aber ob sie nominiert wird, ist fraglich, denn es ist ein großartiger Auftritt in einem misslungenen Film: Germanotta spielt Patrizia Reggiani, die 1972 Maurizio Gucci heiratete, einen der Erben des Modeimperiums - und ihn 1995 erschießen ließ; als Gucci schon Investoren gehörte und Maurizio sie verlassen hatte. Sie hat sich mit Eifer in die Rolle gestürzt, ihre Reggiani ist eine Frau, die in höhere Kreise eingeheiratet hat und als wandelnde Gucci-Werbung zwischen den Upper-Class-Freunden ihres Mannes wirkt wie ein Zirkuspferd im Porzellanladen. Aber Reggiani ist so ziemlich die einzige Figur im Film, die funktioniert. Ein Film, der es irgendwie geschafft hat, trotz Steilvorlage nach wenig auszusehen und wenig zu erzählen, wird für die Oscars ein lahmes Vehikel sein. Aber dann ist sie immer noch die Queen of Pop.

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