Kulturhauptstadt:Die Uneitlen

Chemnitz ist nicht lieblich, aber ein Ort mit interessanter Gegenwart und Zukunft. Die Stadt hat die Auszeichnung verdient.

Von Cornelius Pollmer

Chemnitz ist eine überalterte Stadt ohne Fernbahnanschluss, die in den vergangenen 30 Jahren nicht nur sozial und ökonomisch gelitten hat, sondern - bis heute gut sichtbar - auch architektonisch. Und gerade dieser Ort soll als Kulturhauptstadt 2025 zu einer Bastion Europas werden? Der Entscheid der Jury ist gar nicht so mutig, wie ihn manche jetzt finden, aber er ist richtig, und zwar in beglückender Art und Weise.

Beim Wettbewerb um den Titel Kulturhauptstadt darf das Motto nicht lauten "Unser Kontinent soll schöner werden". Es geht darum, etwas zu lernen über Europas Vergangenheit und vor allem seine mögliche Zukunft. Die Stadt Chemnitz wie überhaupt die sich anschließende Region des Erzgebirges sind dafür in besonderer Weise geeignet, wegen ihrer Industriegeschichte genauso wie der uneitlen Art, mit den ökonomischen und demografischen Verwerfungen der Gegenwart umzugehen.

Die Kür von Chemnitz würdigt und stärkt viele in der Stadt, die sich nach den bedrückenden Sommer-Unruhen 2018 im guten Sinne aufgemacht haben. Sie bringt Geld und Aufmerksamkeit in eine Stadt, die davon zu lange zu wenig erhalten hat. Und sie gibt, hoffentlich, den oft mit ihrer Stadt hadernden Chemnitzern das wahre Gefühl, an einem herausragend interessanten europäischen Ort zu leben.

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