Hasskriminalität:Das Ermittlergrüppchen

Hasskriminalität: Rheinland-Pfalz, Ulmet: Ein Kreuz mit der Aufschrift "Du lebst in unserem Herzen" steht nahe des Tatorts, an dem zwei Polizeibeamte bei einer Verkehrskontrolle erschossen wurden.

Rheinland-Pfalz, Ulmet: Ein Kreuz mit der Aufschrift "Du lebst in unserem Herzen" steht nahe des Tatorts, an dem zwei Polizeibeamte bei einer Verkehrskontrolle erschossen wurden.

(Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Nach den Morden von Kusel reagiert der Staat. Aber auch jetzt nur sehr, sehr langsam.

Kommentar von Ronen Steinke

Wirklich schrecklich, das zu sagen: Aber ehrlicherweise überrascht es kaum noch, welche Dimensionen an Niedertracht ans Licht kommen, wenn man in den Tagen nach einem Mord wie jenem an der 24 Jahre alten Polizeianwärterin und dem 29 Jahre alten Oberkommissar im rheinland-pfälzischen Kusel im Internet nachsieht. Die Masse ist beängstigend, ganze 102 Fälle strafbarer Hetze hat eine neue Ermittlungsgruppe "Hate Speech" im Zusammenhang mit dieser Attacke auf Polizisten gezählt. Und auch die Gewaltfantasien gegen Beamte, die dort geäußert werden, verschlagen einem den Atem. Aber wer sich öfter mit der Schlechtheit der Welt befassen muss - so wie es insbesondere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten tun -, der darf davon im Jahr 2022 wohl nicht mehr verblüfft sein.

Was überrascht, immer noch und sogar immer mehr, ist etwas anderes: wie wenig sich politisch dennoch regt. Sicher, es sind hübsche neue Paragrafen geschrieben worden in den drei Jahren seit dem Mord an dem CDU-Politiker Walter Lübcke; verschärfte Strafen für Äußerungsdelikte vor allem. Aber diese neuen Paragrafen werden seitdem nicht viel häufiger angewendet als die alten. Es geht sehr, sehr langsam voran mit dem Aufbau neuer Einheiten von Ermittlern und Anklägern. Das System ist träge, die Justiz ohnehin schon stark überlastet. Wo ist einmal ein Bundesland, das jetzt in größerem Umfang Kapazitäten freimacht, um bei der völlig ausufernden verbalen Gewalt im Netz auch nur ansatzweise hinterherzukommen?

Viel wirkungsvoller als eine hohe Strafdrohung, die nur auf dem Papier steht, wäre eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass Täter auch tatsächlich ermittelt werden. Daran fehlt es. In Rheinland-Pfalz gibt es jetzt die besagte Ermittlungsgruppe "Hate Speech" mit 14 Leuten bei der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz. Wenn sie zehnmal so groß wäre, könnte sie vielleicht auch dauerhaft etwas in Bewegung bringen.

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