Fürs Erste hat Olaf Scholz alles erreicht: man redet. Und redet. Und redet. Schließlich sieht der Kanzler die "konzertierte Aktion", die am Montag erstmals zusammentrat, vor allem als "Prozess". Prozesse brauchen Zeit, und bis Regierung, Arbeitgeber und Gewerkschaften gemeinsame Antworten auf die grassierende Inflation gefunden haben, das dauert. Scholz wird das ganz recht sein. Denn der Kanzler spielt auf Zeit.
Einiges spricht dafür, dass diese Taktik die richtige ist. Zum einen, weil tatsächlich so manche Entlastung gerade erst ihre Wirkung entfaltet. Kinderboni, Heizkostenzuschüsse und Energiepreispauschalen werden erst noch ausgezahlt, manche Steuererleichterung wird erst 2023 spürbar. Und, wichtiger noch, weil die großen Lasten erst kommen: Die gestiegenen Gaspreise etwa werden erst mit Verzug ihre volle Wucht entfalten, womöglich erst im kommenden Jahr. Sie werden die ärmsten Haushalte am stärksten treffen und können angeschlagene Unternehmen in die Pleite treiben. Die Regierung tut also gut daran, nicht jetzt schon das ganze Arsenal möglicher Entlastungen auszupacken - auch wenn die Zahl entsprechender Forderungen in diesen Tagen noch inflationärer steigt als die Preise.
Neben dem Umstand, dass nun erst mal nur geredet wird, dürfte der Kanzler auch Gefallen am Kreis derjenigen finden, die nun reden. Denn mit seinem neuen Gesprächszirkel lenkt Scholz die Aufmerksamkeit weg von der Regierung - und stärker auf die Sozialpartner. Wenn es darum geht, die Folgen steigender Preise für die Beschäftigten abzufedern und zwar in einer Form, die nicht Betriebe in den Abgrund stürzt, sind Arbeitgeber und Gewerkschaften die erste Adresse. Die Bundesregierung dagegen sollte ihre begrenzten Mittel darauf richten, die schlimmsten Härten abzufedern. Damit, das wird die Zeit zeigen, wird sie schon alle Hände voll zu tun haben.