SUV-Prozess:Wer fährt, hat die Verantwortung

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Das Urteil aus Berlin zeigt: Nicht große Straßenkreuzer sind das Problem, sondern diejenigen, die hinterm Steuer sitzen. Die Verkehrspolitik muss aufhören, Autofahrer zu schonen.

Von Verena Mayer

Wie viel Schuld trifft einen Menschen, der am Steuer seines Porsche Macan Turbo einen epileptischen Anfall erleidet, mit seinem verkrampften Bein das Gaspedal durchdrückt und bei seiner unkontrollierten Fahrt vier Menschen tötet? Das Berliner Landgericht hat nun festgestellt: Dieser Mensch hat die alleinige Schuld an seiner Tat, niemand sonst. Denn der Fahrer hatte bereits in den Monaten zuvor einen epileptischen Anfall erlitten und war kurz vor dem Unfall auch noch am Gehirn operiert worden - er hätte wissen müssen, dass man in einem solchen Zustand nicht Auto fahren darf.

Mit dem Urteil im sogenannten SUV-Prozess wurde nun die seltsame Debatte über Sportgeländewagen abgeräumt, die nach dem Unfall an der Berliner Invalidenstraße losgebrochen war. Da war von "Straßenpanzern" die Rede, die man aus den Innenstädten verbannen oder zumindest höher besteuern müsse. Ein SPD-Politiker verglich die Vorliebe der Deutschen für SUVs gar mit dem "US-Faible für Waffen". Andererseits wurde im Prozess auch klar, dass die Politik durchaus etwas tun könnte. Der Unfall war schließlich nicht der erste dieser Art. 2011 war in Hamburg ein Fahrer, der an Epilepsie litt, in eine Menschengruppe gerast und hatte vier Passanten getötet. Auch dieser Mann war trotz besseren Wissens um seine Krankheit unterwegs. Und er saß auch deswegen am Steuer, weil wenig getan wird, um Fahrer wie ihn vom Fahren abzuhalten.

So wäre die Hemmschwelle für Führerscheinbesitzer wohl größer, wenn gesundheitliche Beeinträchtigungen, die die Fahrtauglichkeit gefährden, der Fahrerlaubnisbehörde gemeldet werden müssten. Und wenn Autofahrer ganz generell mehr Druck verspürten, sich regelkonform zu verhalten, indem sie stärker kontrolliert und bei Verstößen sanktioniert werden. Das würde aber verkehrspolitische Schritte erfordern, die komplexer sind als der Ruf nach einer höheren Besteuerung von Porsche-Fahrern.

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