Bundeskanzler:#WasMeintScholz

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Da lässt er sich schon in die Nachrichten schalten, und macht dann eigentlich nur Nullaussagen. Scholz muss jetzt anfangen, Präsenz zu zeigen.

Kommentar von Cerstin Gammelin

Dass sich ein Bundeskanzler, eine Bundeskanzlerin in abendliche Nachrichtensendungen schalten lässt, passiert höchst selten. Angela Merkel hat das gemacht nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima, da war sie schon einige Jahre Kanzlerin. Ihr Nachfolger Olaf Scholz hat das Stilmittel der direkten Ansprache an die Bürger in einer Nachrichtenschalte nun schon im dritten Amtsmonat genutzt - augenscheinlich aber nicht, um eine Botschaft zu überbringen, sondern um ein Lebenszeichen zu geben, zu antworten auf die Frage: #WoIstScholz?

Der Bundeskanzler ist ja dafür bekannt, sehr lange über Dinge nachzudenken, manchmal so lange, bis sie sich von selbst erledigt haben. Das hat ihm ausweislich seiner Karriere nicht geschadet. Als Regierungschef aber stößt die Scholz'sche Langzeitnachdenklichkeit an Grenzen. Nein, ein Bundeskanzler muss nicht jeden Tag eine Nachrichtenüberschrift produzieren. Er muss aber den Eindruck vermitteln, präsent zu sein. Und daran fehlt es. Ein Krieg droht vor der Haustür, ringsherum verfallen die Mächtigen in geschäftige Diplomatie, da verwirrt es Verbündete und Bürger gleichermaßen, wenn der Regierungschef des größten Staates in der Mitte Europas, der eigene Kanzler, offenbar ungerührt über klugen Reiseplänen brütet.

Sein Auftritt in der Schaltung hat das Unbehagen kaum zerstreuen können. Widerwillig, ja lustlos kamen die Antworten, man konnte zuschauen, wie Scholz nach den richtigen Worten suchte. Es wirkte, als hätten seine Berater ihn gegen seinen Willen aus dem Kanzlerbüro ins Studio bugsiert. Nach dem Motto, jetzt zeig dich doch mal. Dafür spricht auch, dass er sich in Stanzen flüchtete: Es gehe darum, gut vorbereitete Entscheidungen möglich zu machen, das gehe nur mit harter Arbeit. Aha. Bleibt er bei diesen Nullaussagen, dürfte die nächste Folge nicht lange auf sich warten lassen: #WasMeintScholz? Verhindern kann der Kanzler das, indem er künftig nicht nur redet - sondern auch etwas sagt.

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