Die Linke:Heißer Herbst, lauwarm serviert

Der Antikapitalismus und die soziale Kritik der Partei werden gerade dringend benötigt. Aber um als echte politische Kraft glaubwürdig zu sein, muss sie bei ihren Problemthemen endlich Klarheit schaffen.

Kommentar von Meredith Haaf

Manche Linke oder Linke-Sympathisanten hätten es vielleicht gut gefunden, wenn Janine Wissler oder Martin Schirdewan zum Abschluss ihrer Parteivorstandsklausur ein klares Wort zur Rolle Sahra Wagenknechts verloren hätten. Eine Möglichkeit wäre etwa gewesen, sie analog zu ihrer Regierungsschelte als die "destruktivste ehemalige Parteivorsitzende der Geschichte" zu bezeichnen. Aber so etwas macht eben nur Sahra Wagenknecht.

Dass die linke Parteiführung klare Ansagen nach innen scheut, dass sie lieber allgemein Verantwortungslosigkeit in den eigenen Reihen kritisiert, wenn sie danach gefragt wird, ist ein Problem. Es ist zwar verständlich: Die Partei sieht ihre Rolle gerade im Zentrum der beginnenden sozialen und politischen Mobilisierung. Schon klar, dass man sich da lieber auf Forderungen wie Gaspreis- und Mietendeckel konzentrieren will, statt über den Sanktionen-Streit oder die Spaltungs-Gedankenspiele in den eigenen Reihen zu reden.

Janine Wissler hat in diesem Zusammenhang von der großen gesellschaftlichen Verantwortung ihrer Partei gesprochen, soziale Verbesserungen für alle zu erreichen, die sie brauchen. Sie hat sich dabei auch klar nach rechts abgegrenzt. Doch will die Linke die Menschen politisch wirksam erreichen, reicht es nicht, wenn sie die meisten Banner bei den Protesten in diesem sogenannten heißen Herbst stellt. Sie muss auch selbst Glaubwürdigkeit als politische Kraft zeigen.

Mit dem Vorschlag, die Energiekonzerne in die öffentliche Hand zu überführen, setzt die Partei auf harten Antikapitalismus. Das ist zwar nicht sehr pragmatisch, aber politisch richtig. Man fragt sich aber, woher die Stärke käme für solche Fundamentalumbrüche; wie die Zusammenarbeit mit anderen für solche Ziele gelingen sollte, wenn diese Partei intern nicht für klare Verhältnisse sorgen kann. Passiert das nicht, wird der Herbst für die Linke wohl betriebsam, aber im politischen Ergebnis eher lauwarm.

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