Atommüll:Schweizer Beispiel

Nach jahrelanger Suche stellt Bern diesen Montag den Standort für sein künftiges Endlager vor. Der liegt zwar in Sichtweite Deutschlands. Viel zu meckern gibt es trotzdem nicht.

Kommentar von Michael Bauchmüller

Auch die Schweiz hat ihr Gorleben, der Ort heißt Wellenberg. Auch hier sollte mal ein Endlager hin, auch hier sperrte sich die örtliche Bevölkerung. Nicht ganz so kämpferisch vielleicht wie im Wendland, der Kanton Nidwalden kippte das Projekt auf Schweizer Art: per Volksentscheid. Wie Deutschland begab sich auch die Schweiz erneut auf Endlagersuche, nur ein paar Jahre früher. Diesen Montag soll das Ergebnis präsentiert werden: Nördlich Lägern, eine Gegend nur einen Steinwurf von der deutschen Grenze entfernt. Einen großen Aufschrei gibt es bisher nicht, und das hat Gründe.

Denn für die Suche hat die Schweiz ein Verfahren gewählt, das in vielerlei Hinsicht auch Blaupause für das deutsche Vorgehen ist. Der Kreis der möglichen Standorte wurde hier schrittweise eingeengt, immer auf Basis geologischer Kriterien, und das in ständiger Rückkopplung zu den betroffenen Gemeinden. Favoriten wurden bestimmt und verglichen. Unter den Schweizer Optionen erwiesen sich die Tonschichten in der Nähe des Rheins als "der sicherste Standort". Und gerade weil das Verfahren so offen und öffentlich war, gibt es einigen Anlass, auf dieses Ergebnis zu vertrauen.

Das alles bedeutet nicht, dass es von deutscher Seite nicht noch eine Menge Fragen gibt. Denn nicht alles bei einem Endlager spielt sich unter der Erde ab. Große Gebäude werden nötig, in denen die radioaktiven Abfälle angeliefert und für die Lagerung in der Tiefe vorbereitet werden. Es wäre misslich, würden die an deutsche Siedlungen möglichst nah heranrücken, damit sie von Schweizer Siedlungen möglichst weit weg sind. Die Diskussionen darüber, und auch über den finanziellen Ausgleich für deutsche Gemeinden, beginnen erst. Aber sie sind lösbar.

So verbinden sich mit der Entscheidung am Ende vor allem Hoffnungen: Ein Verfahren, das auf Transparenz und Beteiligung von Bürgern setzt, kann tatsächlich zum Erfolg führen. Auch Deutschland kann schaffen, was die Schweiz vormacht.

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