Klimaschutz:Der deutsche Widerspruch

Die Erde läuft heiß, aber die Bundesrepublik klammert sich an den Kohleausstieg im Jahr 2038. Vielleicht sollten Union und SPD noch einmal nachrechnen, ob sich das wirklich mit ihren eigenen Klimazielen verträgt.

Von Michael Bauchmüller

Beim Klimaschutz macht den Deutschen so schnell keiner was vor. Die eigenen Ziele haben Union und SPD schließlich gerade erst erhöht, und was nun der Weltklimarat über die Gefahren der Erderhitzung sagt, das finden alle richtig und einen Weckruf und längst überfällig. Klingt nach einer großen Koalition der Klimaschützer - gäbe es da nicht die deutsche Kohle.

Denn so sehr Union und SPD den Klimaschutz preisen, so sehr klammern sie sich an den Konsens zum Kohleausstieg. Bis 2038 sollen die letzten Kraftwerke, allesamt CO₂-Schleudern, demnach laufen dürfen - jenem Jahr also, in dem die deutschen Emissionen nach geltender Gesetzeslage um 83 Prozent unter dem Wert von 1990 liegen sollen. Wer darin keinen Widerspruch erkennt, muss blind sein.

Das Kalkül ist klar: Im Wahlkampf will es sich die SPD nicht mit den Gewerkschaften verscherzen. Und CDU-Kandidat Armin Laschet fürchtet Wortbruch gegenüber den Braunkohle-Beschäftigten in NRW - als Ministerpräsident war er schließlich an dem Konsens beteiligt. Dieses Motiv mag ehrenwert sein. Wer aber die Erkenntnisse des Weltklimarats und die eigenen Klimaziele ernst nimmt, der korrigiert rasch und sozialverträglich das Ausstiegsdatum - oder riskiert alle Glaubwürdigkeit im Klimaschutz. Noch ist es für Ehrlichkeit nicht zu spät.

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