Süddeutsche Zeitung

Kirchen:Sie sind da. Noch

Selbst die Mehrheit der Menschen, die aus der Kirche austreten, halten ebendiese Kirche für wichtig. Das Problem ist ein ganz anderes.

Von Annette Zoch

Im Frühjahr 2020, Deutschland saß zu Hause und fürchtete sich vor dem Coronavirus, beschlossen die Kirchen im ganzen Land, allabendlich die Glocken läuten zu lassen. Auch an Ostern, Weihnachten, Silvester - "wir sind noch da, Gott ist da", das sollten die Glocken den Menschen im Land bedeuten. Ja, die Kirchen sind noch da, aber wie lange noch? 2020 sind weniger Menschen aus der Kirche ausgetreten als im Vorjahr. Doch die Statistik ist wenig aussagekräftig. Denn Corona hat auch Behördengänge stark eingeschränkt - selbst wer austreten wollte, konnte das lange nicht.

Immer noch gehören 54 Prozent der Menschen in Deutschland einer christlichen Kirche an. Die Kirche betreibt Krankenhäuser, Kindergärten, Altenheime, sie leistet wichtige Arbeit für das Sozialgefüge in der Bundesrepublik. Eine Mehrheit der Ausgetretenen hält die Kirchen deshalb für wichtig, wie eine Studie jetzt ergeben hat.

Nur, und das ist die schlechte Nachricht: Für das eigene Leben hat die Kirche immer weniger Relevanz. Es ist meist gar nicht großer Zorn, der die Menschen aus der Kirche treibt. Sondern eine schleichende Entwöhnung. Vom "Traditionsabbruch" sprechen Wissenschaftler. Und die Ausgetretenen werden ihre Kinder nicht mehr taufen lassen und die ihre Kinder nicht mehr. So wird die Kirche weiter an Bedeutung verlieren.

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