Katholische Kirche:Franziskus oder Benedikt - zumindest ein Papst sollte um Vergebung bitten

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Eine Kirche, zwei Päpste: Franziskus und sein emeritierter Vorgänger Benedikt XVI. (Foto: -/dpa)

Die katholische Kirche wird nur dann aus der Krise finden, wenn sie ehrlich über den Missbrauch spricht. Und wenn ihre Führung öffentlich Reue zeigt.

Kommentar von Ulrich Schäfer

Zwölf Jahre hat die katholische Kirche gebraucht, um den Fall des Pfarrers Peter H. aufarbeiten zu lassen. Zwölf Jahre sind vergangen, seit bekannt wurde, dass der Geistliche aus Essen sich nach seiner Versetzung ins Erzbistum München und Freising an weiteren Kindern und Jugendlichen vergehen konnte. Der Fall spielt in dem dicken Gutachten, welches die Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl im Auftrag der Erzdiözese erstellt hat, eine entscheidende Rolle. Und man kann natürlich sagen: Gut, dass die Verwicklung von mehreren Münchner Erzbischöfen, darunter Joseph Ratzinger, in diesen Fall so akribisch aufgearbeitet wurde. Man kann sich aber auch fragen: Warum erst jetzt? Warum so spät?

Der Fall von Peter H. zeigt exemplarisch, wie in der katholischen Kirche der Missbrauch vertuscht, die Täter geschützt und das Thema totgeschwiegen wurden. Und dieses Schweigen reicht bis in die Gegenwart. Und manchmal erstreckt es sich über 82 Seiten - so wie in der Stellungnahme von Papst Benedikt XVI. Der emeritierte Pontifex schweigt natürlich nicht im eigentlichen Sinne, weil er ja viele Seiten gefüllt hat (oder von Beratern hat füllen lassen), um auf die Fragen der Gutachter zu antworten; aber er schweigt eben dadurch, dass er ständig ausweicht, relativiert oder, entgegen der Aktenlage, Unkenntnis vorschiebt.

Die katholische Kirche wird ihre schwere Krise aber nur überwinden, wenn sie ausspricht, was ist, und wenn sie wieder und wieder um Vergebung bittet. "Auch Bischöfe, auch ein ehemaliger Papst, können schuldig werden, und in bestimmten Situationen müssen sie das auch öffentlich bekennen, nicht nur im Gebet vor Gott oder im Sakrament in der Beichte", sagte am Sonntag der Aachener Bischof Helmut Dieser in seiner Predigt. Und wenn Benedikt XVI. mit seinen 94 Jahren dazu nicht mehr in der Lage oder willens ist, müssen dies eben andere tun: normale Pfarrer, aber auch höhere Würdenträger bis hin zum amtierenden Papst.

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