Katholische Kirche:Zeit läuft

Der Vatikan wollte die Debatte über Segnungen homosexueller Paare ersticken - nun flammt sie umso heftiger auf. Die obersten Glaubenshüter sollten dem Reformprozess in Deutschland eine Chance geben. Auf dem Spiel steht die Zukunft der Kirche.

Von Annette Zoch

Im ganzen Land flattern derzeit die Regenbogenfahnen: nicht auf Gay-Pride-Paraden, sondern von Türmen katholischer Kirchen. Das Papier der Glaubenskongregation, das Priestern die Segnung homosexueller Paare verbietet, hat geradezu Entrüstung ausgelöst. Die kann der ganzen Kirche gefährlich werden.

Das Dokument "Responsum ad dubium" der obersten Glaubenshüter des Vatikans wirkt wie bestellt als Antwort auf den "Synodalen Weg", die deutsche Reformdebatte zwischen Klerikern und Laien in der katholischen Kirche. Sollte Rom versucht haben, eine Debatte über die Sexuallehre im Keim zu ersticken, so hat es das Gegenteil erreicht. Auch Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, meldet sich nun mit scharfer Kritik zu Wort: Das Dokument werde "in der Breite nicht mit einer Akzeptanz und einer entsprechenden Befolgung rechnen können". Er könne das Unverständnis verstehen und teile es.

Der Historiker Martin Kaufhold hat einmal gesagt, in der jetzigen Verfassung gebe er der katholischen Kirche in Deutschland nur noch 20 Jahre. Im Synodalen Weg bemühen sich engagierte Katholikinnen und Katholiken darum, dass diese Prognose nicht eintritt. Auch der Weltkirche würde ein ernsthafter theologischer Diskussionsprozess guttun.

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