Wirtschaftspolitik:Harte Loyalität

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Eine harte Verhandlungspartnerin: die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai hat ihre neue China-Strategie vorgestellt. (Foto: Rebecca Droke/dpa)

Katherine Tai, die amerikanische Gegenspielerin Pekings im Handelsstreit, hat selbst chinesische Wurzeln.

Von Fabian Fellmann

Katherine Tai weiß, mit wem sie es in Peking zu tun hat. Die Handelsbeauftragte im Kabinett von US-Präsident Joe Biden befasst sich seit Jahren mit Chinas protektionistischer und dirigistischer Wirtschaftspolitik. Es war jedoch ihre Herkunft, die in China eine Kontroverse auslöste, als sie Anfang des Jahres nominiert wurde. Taiwanesische Medien bejubelten Tai als eine der Ihren. Ein perfektes Beispiel der zweiten Einwanderergeneration sei sie, in den USA geboren und aufgewachsen, aber mit der Heimat verwurzelt. Mandarin etwa spricht sie fließend. Umgehend gifteten chinatreue Zeitungen zurück, Tais Großeltern stammten eigentlich vom chinesischen Festland, ihre Familie sei von dort nach Taiwan ausgewandert.

Wem ihre Loyalität in Wahrheit gehört, das hat Katherine Tai schon ihr ganzes berufliches Leben lang bewiesen. Zwei Jahre lang unterrichtete die an den Eliteuniversitäten Yale und Harvard ausgebildete Anwältin im chinesischen Guangzhou Englisch. Den Hauptteil ihrer Karriere indes hat sie dem Kampf für die amerikanischen Wirtschaftsinteressen gewidmet.

Im US-Handelsministerium war sie unter anderem Chefin jener Abteilung, die chinesische Verfehlungen vor der Welthandelsorganisation WTO anprangerte. Einen viel beachteten Erfolg erzielte sie, als sie eine Koalition westlicher Staaten zimmerte, um gemeinsam Druck auf China aufzubauen. Zuvor hatte Peking die Ausfuhr seltener Erden eingeschränkt; die Materialien werden zum Beispiel in Mobiltelefonen verbaut.

Selbst die Republikaner finden sie "durch und durch qualifiziert"

Obwohl von einem Demokraten nominiert, erhielt Tai selbst vom republikanischen Minderheitsführer Mitch McConnell das Prädikat, "durch und durch qualifiziert" zu sein. Als erste von Bidens Kandidatinnen schaffte Tai im Mai ihre Bestätigung durch den Senat ohne eine Gegenstimme. Sie schrieb dabei ein Stück Geschichte: Sie ist die erste nicht-weiße Frau in ihrem Amt.

Nun hat Tai ihre lange erwartete neue Strategie für den Umgang mit China vorgestellt. Die 47-Jährige ist dabei ihrem Ruf gerecht geworden, eine harte Gegenspielerin Pekings mit Sinn für Pragmatik zu sein. Sie rüffelte China schon wiederholt öffentlich dafür, eine mit Donald Trump abgeschlossene Vereinbarung zu missachten. Peking sollte 2020 und 2021 für zusätzliche 200 Milliarden Dollar in den USA einkaufen, und bisher reichen die Bestellungen nicht aus, um dieses Ziel der sogenannten "Phase One" der Vereinbarung zu erreichen. Weder Tai noch Biden haben darum in Aussicht gestellt, eine Nachfolge-Abmachung anzustreben.

Auch werden Tai und Biden die Strafzölle weiterführen, die Trump gegen China verhängt hatte. Biden ließ gar zeitlich begrenzte Ausnahmebestimmungen aus Trumps Zeit verfallen, was zu einer Verschärfung des Kurses führte. Dem Druck amerikanischer Wirtschaftskreise und den Forderungen Chinas, die Zölle aufzuheben, widersteht Tai. Sie stellt zwar in Aussicht, neue Ausnahmen zu prüfen, indes ohne dabei präzise zu werden. Die USA könnten China nicht ändern - aber vor den Auswirkungen unfairen chinesischen Wettbewerbs werde man sich mit allen Mitteln schützen.

Von Washington geht auch jetzt keine Freihandels-Euphorie aus

Im Wesentlichen scheint unter Biden und Tai damit die Trump-Handelspolitik gegenüber China weiterzugehen, allerdings hoffentlich weniger erratisch und besser abgestimmt mit Partnerländern. Tai bekundete ihren Willen dazu, indem sie jüngst Vertreterinnen der EU traf, auch Länder wie Großbritannien, Japan, Australien und Indien wurden informiert.

Klar gemacht hat die Handelsbeauftragte zudem, dass sie keine Freihandels-Euphorikerin ist. Zu oft habe der Abbau von Zöllen in der Vergangenheit dazu geführt, dass Löhne und Sozialstandards gesunken seien. Weitere Freihandelsabkommen will Katherine Tai nur dann abschließen, wenn diese der amerikanischen Arbeiterschaft zugutekommen. Auch das klingt nicht nach einer kompletten Abkehr von der Handelspolitik Donald Trumps.

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