Kaschmir:Ruhe, vorerst

Indien und Pakistan wollen sich wieder an den Waffenstillstand halten. Vor allem Indien hat einen Grund dazu.

Von Arne Perras

Gute Nachrichten aus Kaschmir sind extrem selten - was die Überraschung erklärt, die eine gemeinsame Erklärung von Indien und Pakistan nun ausgelöst hat: "Feuer einstellen" lautet das Versprechen. Beide Seiten wollen sich wieder an eine Waffenruhe in den Bergen von Kaschmir halten, die sie zuletzt immer schamloser entlang der sogenannten "Line of Control" gebrochen hatten, jener Trennlinie, die das strategisch bedeutsame Berggebiet de facto schon seit dem ersten Kaschmirkrieg vor mehr als einem halben Jahrhundert teilt.

Wenn die Übereinkunft hält, wird sie vielen Tausend Menschen die tägliche Angst nehmen, ihr Leben durch solchen Beschuss zu verlieren. Dutzende Soldaten, aber auch viele Zivilisten, verlieren dort jedes Jahr ihr Leben. Allerdings wäre es voreilig, die Vereinbarung schon als Beleg für eine grundsätzliche Wende in den Beziehungen zu betrachten. So wünschenswert die Annährung ist, beide Seiten müssen noch viel Misstrauen überwinden, um sich wirklich auszusöhnen.

Gut möglich, dass die jüngste Einigung auch damit zu tun hat, dass Indien den Nachbarn China als wachsende Bedrohung wahrnimmt. Das Risiko, im Falle eines Krieges gleich an zwei Fronten kämpfen zu müssen, zwingt Delhi, einen Ausweg aus der Eiszeit mit Pakistan zu suchen. Daran haben auch die USA ein überragendes Interesse. Washington muss darauf achten, dass seine engeren Beziehungen zu Indien den Rivalen Pakistan nicht noch weiter in die Arme Pekings treiben. Alle wissen: Ohne politischen Willen in Islamabad wird es weder in Kaschmir noch in Afghanistan Frieden geben.

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