Doppelministerium im Saarland:Justiz ist keine halbe Sache

Die Ministeriumsbesetzung im Saarland zeigt, wie sehr die Justiz in die Peripherie der Politik gerückt ist. Diese Entwicklung ist gefährlich.

Kommentar von Wolfgang Janisch

Vor einem Vierteljahrhundert geriet die Regierung von Nordrhein-Westfalen heftig in die Kritik, weil sie Innen- und Justizministerium zusammengelegt hatte. Doch das Doppelministerium hielt nicht lange, schon bald beanstandete das Landesverfassungsgericht die merkwürdige Fusion - ein eigenständiges Justizministerium sei "Ausdruck einer gewachsenen Tradition". NRW gab der Justiz ihr Ministerium zurück.

Doch seither ist das Ministerium der Justiz vom Zentrum in die Peripherie der Politik gerückt. Das Amt gilt offenbar als unsexy, daher wird es gern ein wenig aufgepeppt. Im Saarland heißt die neue Ministerin Petra Berg, sie macht Justiz im Nebenjob, denn sie leitet zugleich und vermutlich vor allem das Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz. Allein daraus ließen sich zwei Ministerien machen.

Gute Justizpolitik ist Prävention gegen Staatsverdrossenheit

Nun könnte man sagen: Gut, das kleine Saarland, da ist eine halbe Ministerin schon viel. Aber die Verbannung des Justizministeriums in die zweite Reihe ist verbreitet, mal wird es mit Verbraucherschutz aufgehübscht, mal mit Migration oder Europa. Als sei Justiz allein zu wenig. Als 2021 die Familienministerin zurücktrat, machte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht den Job einfach ein halbes Jahr lang mit. Nach dem Motto: Die hat ja Zeit.

Die Justiz gering zu schätzen, ist ein gefährlicher Fehler. Klar, man kommt nicht in die Schlagzeilen, wenn man die Gerichte mit IT ausstattet oder die Rechtspfleger besser bezahlt. Aber die Justiz ist das Betriebssystem des Rechtsstaats. Das bedeutet auch, dass die Menschen sie vor allem dann wahrnehmen, wenn sie nicht rundläuft. Wenn Verfahren zu lange dauern und Untersuchungshäftlinge entlassen werden müssen. Deshalb ist gute Justizpolitik immer auch Prävention gegen Staatsverdrossenheit, eines der großen Übel unserer Zeit. Und dazu gehört eine Ministerin, die für Justiz verantwortlich ist und für nichts sonst.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: