Profil:Kyaw Moe Tun

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(Foto: REUTERS/Denis Balibouse/File Photo)

Widerspenstiger UN-Botschafter, der den Generälen Myanmars die Stirn bietet.

Von Arne Perras

Er lächele viel in seinem Job, sagt er. Als Topdiplomat gehört das zum Geschäft. Andererseits ist ihm nur noch selten danach zumute. Innerlich müsse er jetzt häufig weinen, erzählte Kyaw Moe Tun vor einigen Tagen der Financial Times. Und das hat mit seiner geschundenen Heimat zu tun.

Der 52-Jährige aus Myanmar vertritt sein Land als UN-Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York. Aber er ist ein erklärter Gegner der Generäle, die sich im Februar an die Macht putschten. Die Junta hat die zaghaften Anfänge der Demokratisierung zerschlagen. Gnadenlos jagt und tötet sie ihre Gegner. So ist auch das Leben für Kyaw Moe Tun sehr kompliziert geworden - und lebensgefährlich. Erst im August vereitelte das FBI einen geplanten Anschlag auf den Diplomaten in New York.

Dass er es mit skrupellosen Gegnern zu tun hat, wusste Kyaw Moe Tun schon vorher. Und doch ist der Plan der Junta gescheitert, den widerspenstigen Diplomaten noch vor Beginn der großen UN-Generaldebatte in dieser Woche loszuwerden. Die Generäle wollen einen eigenen Vertreter installieren, doch darüber dürfte bei den UN so schnell nicht entschieden werden. Und so bleibt nur einer, der nun zur vorgesehenen Zeit, am Nachmittag des 27. September, für das geschundene Myanmar sprechen könnte: Kyaw Moe Tun, der den Generälen so tapfer die Stirn bietet.

Mit Spannung wird erwartet, ob er die Weltbühne noch einmal nutzen wird, um die Junta in Grund und Boden zu reden. So wie damals, im Februar, als er den Putsch scharf verurteilte und die Welt um Hilfe anrief. Viele Staaten verhängten damals Sanktionen gegen das Regime, das um internationale Anerkennung ringt.

Der mutige Diplomat zeigte damals sogar den Drei-Finger-Gruß aus dem Film "Die Tribute von Panem", das rebellische Zeichen des Widerstands gegen die Junta. Als er an jenem Tag nach Hause kam, war seine Familie stolz auf ihn, auch wenn seine zwölfjährige Tochter anmerkte, dass er seine drei Finger nicht ganz korrekt gehalten habe. Sie gehörten eng zusammen, erklärte sie, nicht so gespreizt, wie ihr Vater sie in die Höhe hielt.

Nun ja, Kyaw Moe Tun war in solchen Dingen nicht geübt. Und er war auch nicht als Rebell geboren worden. Sein Vater stand im Dienste der burmesischen sozialistischen Partei, deren Vorsitzender sich 1962 an die Macht putschte. Kyaw Moe Tun wuchs auf in Zeiten der Diktatur, er studierte in Yangon internationale Beziehungen und später in Japan Wirtschaft. Als die Studenten 1988 in seiner Heimat auf die Straße gingen, um gegen das Militärregime zu protestieren, da machte Kyaw Moe Tun nicht mit. Er hörte auf seine Eltern, die wollten, dass er zu Hause blieb.

Umso überraschter waren ehemalige Mitstudenten, als sie erlebten, welchen Mut der inzwischen 52-Jährige nach dem jüngsten Putsch entwickelte. Niemand werde ihn je wieder abbringen von seinem Widerstand gegen die Generäle, versichert Kyaw Moe Tun.

Und doch kann sich der Diplomat, der den Rückhalt Washingtons genießt, nicht sicher sein, wie es mit ihm weitergeht. Längst ist er ins Räderwerk der Großmachtdiplomatie geraten, seit Wochen gibt es Gespräche im Verborgenen darüber, wie man mit den Ansprüchen der neuen Machthaber auf der einen Seite und den Anhängern der inhaftierten Regierungschefin Aung San Suu Kyi auf der anderen Seite umgehen soll. Die Junta-Gegner haben inzwischen ihre eigene Regierung im Untergrund aufgebaut.

Ein spezieller UN-Ausschuss soll im November prüfen, wer die UN-Akkreditierung bekommt, das letzte Wort in dieser Frage hat die UN-Generalversammlung. Sollte Peking die Interessen der Junta konsequent vorantreiben, dann wird es eng für Kyaw Moe Tun, der kaum nach Hause zurückkehren könnte. Die Junta hat ihn wegen Hochverrats angeklagt, sollte er als UN-Botschafter ausscheiden müssen, bliebe ihm nur das Exil.

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