Aktuelles Lexikon:Judo

Nicht nur ein Sport, sondern eine Lebenseinstellung.

Von Kia Vahland

Judo versteht sich nicht nur als Sport, sondern auch als Haltung. Schon dreijährige Judoka üben Rituale des Respekts: Sie setzen sich zu Beginn des Trainings in eine Reihe, schweigen und verneigen sich. Auch zwei Kämpfer begrüßen einander auf Augenhöhe und verabschieden sich würdevoll. Im Japanischen bedeutet Judo "Der sanfte Weg". Der Gründer der Sportart, Kanō Jigorō, verstand darunter im ausgehenden 19. Jahrhundert die Kunst, durch Nachgeben zu siegen. Nicht der körperlich Stärkere soll im Vorteil sein, sondern derjenige, der auf den Partner am besten eingeht. Und ihn aus dem Gleichgewicht bringt in dem Moment, in dem der andere nicht fest auf beiden Beinen steht. Oder man schleudert das Gegenüber in hohem Bogen auf den Boden, auf den man sich selbst zuvor rücklings geworfen hat. Das erfordert Konzentration, Kommunikation, Beobachtungsgabe und Nahbarkeit - wer den anderen mit ausgestreckten Armen auf Distanz halten und einschüchtern will, macht etwas falsch. Kinder, die ihre Aggressionen nicht unter Kontrolle haben, lernen beim Judo Selbstbeherrschung und soziales Miteinander; Introvertierte lernen, wie sie ohne Drohgebärden gewinnen können. Es ist nur folgerichtig, dass der Weltjudoverband die Ehrenpräsidentschaft des Dan-Trägers Wladimir Putin nun ausgesetzt hat.

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